Flughafen siegt über Klimaschützer

Die dritte Piste auf dem Flughafen Wien darf gebaut werden.
Die dritte Piste auf dem Flughafen Wien darf gebaut werden.APA/HELMUT FOHRINGER
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Die dritte Piste auf dem Flughafen Wien darf gebaut werden. Das steht nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs endgültig fest. Klimaschützer und Anrainer sprechen von einem „teuren Irrweg“.

Wien. Nun gibt es nichts mehr daran zu rütteln. Die dritte Piste auf dem Flughafen darf gebaut werden. Der Verwaltungsgerichtshof gab gestern in einer Mitteilung bekannt, dass alle noch anhängigen Einsprüche diverser Bürgerinitiativen und Anrainer abgewiesen worden sind. Damit ist die Umweltverträglichkeitsprüfung rechtskräftig, niemand kann mehr gegen dieses Ergebnis ankämpfen.

Während ÖVP, FPÖ und SPÖ in seltener Einigkeit die Entscheidung begrüßen, kommt von Umweltorganisationen und Grünen massive Kritik. Der WWF Österreich nennt die dritte Piste einen „teuren Irrweg“, der in eine „fossile Sackgasse“ führe. Ganz ähnlich äußerte sich Global 2000: „Mit diesem Projekt zerstören wir die Zukunft unserer Kinder.“ Der Umweltsprecher der Wiener Grünen, Rüdiger Maresch, sprach von einer „Erlaubnis für noch mehr Flugverkehr und damit mehr CO2 und Feinstaub“, die „in Zeiten von Klimastreiks und Jugendinitiativen für den Klimaschutz nicht nachvollziehbar“ sei.

Hauptthema des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof war, ob mit der Inbetriebnahme der dritten Piste, insbesondere bei Landeanflügen über das Wiener Stadtgebiet, zusätzlich Fluglärm zu erwarten sei. Das hatten jene Bürgerinitiativen und Anrainer befürchtet, von denen die Revision angestrengt wurde. Diese Sorge sei unbegründet, stellte der Verwaltungsgerichtshof jedoch klar. Die dritte Piste sei nämlich nach dem Genehmigungsantrag des Wiener Flughafens nicht für Landungen vorgesehen, die bei Normalbetrieb über das Wiener Stadtgebiet führen. Die bereits erteilte Genehmigung decke eine solche Benützung der Piste daher auch gar nicht ab. Das wird die Austro Control, die für den sicheren und wirtschaftlichen Ablauf des Flugverkehrs verantwortlich ist, bei der künftigen Festlegung der Anflugroute auf die dritte Piste ebenfalls beachten müssen.

Klimaschutz zieht in diesem Fall nicht

Neuerlich problematisiert wurde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, ob der Bau der dritten Piste zur Vermeidung des Klimawandels untersagt werden müsste.

Die Höchstrichter haben bestätigt, dass der Klimaschutz zweifellos zu den relevanten Fragen der Umweltverträglichkeitsprüfung zählt. Es greife aber zu kurz, einem Flughafen unter Hinweis auf den fortschreitenden globalen Klimawandel die Genehmigung zum Bau einer (weiteren) Piste zu verweigern, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen im Flugverkehr insgesamt unverändert bleibt. Das EU-Recht rechne Treibhausgasemissionen aus dem Luftverkehr nicht den Betreibern von Flughäfen zu, sondern den Fluglinien. Der Klimaschutz stehe deshalb der Genehmigung der dritten Piste nicht entgegen.

Für Umweltaktivisten und alle anderen Gegner dieses großen Bauvorhabens ein harter Schlag. Mit dem Argument des Klimaschutzes hat nämlich das Bundesverwaltungsgericht den Bau der dritten Piste im Februar 2017 noch untersagt, nachdem es sich mit 28 verschiedenen Beschwerdeführern (Privatpersonen, Bürgerinitiativen sowie die Stadt Wien) auseinandergesetzt hat. Kritiker des Großvorhabens haben die Entscheidung als einen Meilenstein gefeiert. Endlich sei erkannt worden, wie wichtig Klimaschutz ist, so der Tenor. Ganz anders haben der Flughafen, das Land Niederösterreich und viele Politiker sowie Wirtschaftsvertreter das Erkenntnis beurteilt.

Tatsächlich hielt es nicht lang. Der Verfassungsgerichtshof hob es im Juni 2017 mit der Begründung auf, das Bundesverwaltungsgericht hätte die Rechtslage mehrfach verkannt, seine Entscheidung sei deshalb mit Willkür belastet.

Bau dauert bis zu sieben Jahre

Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich also erneut mit dem brisanten Thema dritte Piste zu befassen, war aber nun bei seiner neuen Entscheidung an die Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofs gebunden. Ende März 2018 bewilligten dieselben Richter, die zuerst das Großprojekt untersagt hatten, den Bau der dritten Piste und erteilten dazu zahlreiche Auflagen.

Bis die ersten Flugzeuge auf der dritten Piste starten und landen können, wird es allerdings noch viele Jahre dauern. Flughafen-Vorstand Günther Ofner rechnet damit, dass allein die Errichtung gut sechs bis sieben Jahre dauern wird. „Vor 2030 ist es nicht realistisch, dass es die Piste geben wird“, sagt der Flughafen-Chef.

AUF EINEN BLICK

Dritte Piste. Seit nunmehr 18 Jahren befindet sich der Bau der dritten Piste auf dem Flughafen Wien in Planung. Mit der Realisierung des Großvorhabens kann nun begonnen werden, nachdem der Verwaltungsgerichtshof alle noch anhängigen Revisionen von Anrainern und Bürgerinitiativen abgewiesen hat. Diese Entscheidung kann nicht mehr bekämpft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.03.2019)

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