Bitter für die Bayer-Tochter Monsanto: Das Glyphosat-Mittel Roundup hat laut einem US-Gericht zur Krebserkrankung eines Klägers beigetragen. Der Prozess geht in die zweite Phase, die Bayer-Aktie verliert zweistellig.
Bayer hat in einem entscheidenden US-Prozess über das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat einen schweren Rückschlag erlitten. Die sechs Geschworenen in San Francisco gelangten am Dienstag einstimmig zu der Überzeugung, dass das glyphosathaltige Mittel Roundup der Bayer-Tochter Monsanto einen "erheblichen Faktor" bei der Entstehung der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman ausgemacht habe. Damit geht der Prozess am Mittwoch vor der selben Jury in eine zweite Phase, in der es um die Frage der Verantwortlichkeit des Konzerns und um eventuelle Schadenersatzansprüche geht.
Bayer äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung. Das Unternehmen sei "weiterhin fest davon überzeugt, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass glyphosatbasierte Herbizide keinen Krebs verursachen", hieß es in einer Mitteilung. Der Konzern sei zuversichtlich, "dass die Beweise in der zweiten Phase des Prozesses zeigen werden, dass Monsantos Verhalten angemessen war und das Unternehmen nicht für die Krebserkrankung von Herrn Hardeman haftbar gemacht werden sollte".
Der Fall des Kaliforniers gilt als sogenannter "Bellwether Trial" - einer von mehreren repräsentativen Fällen, die bei Produkthaftungsklagen in den USA genutzt werden, um etwa die Schadensspanne und Möglichkeiten für einen Vergleich zu bestimmen. Er könnte die Richtung für mehr als 760 weitere bei dem Gericht in San Francisco anhängige Verfahren vorgeben. Als Erfolg für Bayer war gewertet worden, dass der Richter dem Antrag des Konzerns stattgegeben hatte, das Verfahren in zwei Phasen aufzuteilen. In der zweiten sollen nun die Vorwürfe des Klägers, Monsanto habe versucht, Wissenschaftler, Behörden und die öffentliche Meinung hinsichtlich der Sicherheit seiner Produkte zu beeinflussen, geklärt werden.
Aktie schwer unter Druck
Für das US-Unternehmen Monsanto handelt es sich um die zweite juristische Niederlage binnen eines Jahres. In einem anderen Prozess im August hatte eine Jury in San Francisco Monsanto zur Zahlung von Schadenersatz an den früheren Schulhausmeister Dewayne Johnson verurteilt. Bayer ist gegen das Urteil zum Fall Johnson in die Berufung gegangen. Dabei wurde die Strafe von anfänglilch 289 Millionen Dollar auf 79 Millionen Dollar reduziert.
Johnson wie auch Hardeman leiden am Non-Hodgkin-Lymphom, einer Krebserkrankung des Lymphgewebes. Beide Kläger setzten Roundup über viele Jahre hinweg ein.
Auf Antrag von Bayer wurde der Prozess in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase ging es darum, ob Roundup tatsächlich die Krankheit Hardemans verursacht hat. In der zweiten Phase soll darüber verhandelt werden, ob das Unternehmen Monsanto für den Krebs des Klägers verantwortlich gemacht werden kann.
Der Bayer-Aktienkurs war nach dem Urteil im August massiv eingebrochen. Anleger und Analysten warfen die Frage auf, ob die Leverkusener die Risiken des rund 63 Milliarden Dollar (55 Mrd Euro) teuren Monsanto-Kaufs unterschätzt hätten. Das Papier, das vor drei Jahren noch knapp 144 Euro gekostet hatte, fiel Ende 2018 sogar unter die Marke von 60 Euro. Am Dienstag standen 69,70 Euro auf dem Kurszettel, was einen Börsewert des Konzerns von 65 Milliarden Euro ergab. Davon wurden am Mittwoch gut acht Milliarden Euro gestrichen, denn es setzte für Bayer Abschläge von mehr als zwölf Prozent auf unter 61 Euro.
Hohe Rückstellungen
Das aktuelle Verfahren ist erst der Anfang: Bis Ende Jänner wurden Monsanto in den USA glyphosatbezogene Klagen von etwa 11.200 Klägern zugestellt. In den nächsten Tagen soll bereits ein weiterer Prozess bei einem Landgericht im kalifornischen Oakland starten.
Bayer weist die Vorwürfe eines Krebsrisikos zurück und beruft sich dabei auf zahlreiche Studien. Der Dax-Konzern gibt sich denn auch betont optimistisch: Bisher sah das Unternehmen keinen Grund, für mögliche Schadenersatzzahlungen Vorsorge zu leisten. Viel Geld kosten die Glyphosat-Klagen aber dennoch schon: Die Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten stiegen im vergangenen Jahr um rund 660 Millionen Euro. "Wir stellen hier im Wesentlichen für drei Jahre Verteidigungskosten zurück", erklärte Finanzchef Wolfgang Nickl während einer Bilanzpressekonferenz Ende Februar.
(APA/dpa/AFP/Reuters)