Der deutsche Konzern verliert in den USA einen Teilprozess in der Glyphosat-Causa. Bald könnten Haftungen drohen. Anleger laufen davon.
Leverkusen/San Francisco. Er wird als schwarzer Tag in die Geschichte von Bayer eingehen. Der deutsche Pharma- und Agrarchemieriese hat in einem entscheidenden US-Prozess über das umstrittene Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat einen schweren Rückschlag erlitten. Die Geschworenen gelangten am Dienstagabend europäischer Zeit einstimmig zu der Überzeugung, dass das glyphosathaltige Mittel Roundup der Bayer-Tochter Monsanto einen „erheblichen Faktor“ bei der Entstehung der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman dargestellt habe.
Damit ging der Prozess am Mittwoch vor derselben Jury in eine zweite Phase, in der es um die Frage der Verantwortung des Konzerns und um mögliche Schadenersatzansprüche geht. Anleger suchten das Weite – die Bayer-Aktie stürzte gestern um über zwölf Prozent ab und steuerte auf den größten Tagesverlust seit 16 Jahren zu.
Wird Konzern zum Spielball?
Bayer äußerte sich enttäuscht. Der Konzern sei „weiterhin fest davon überzeugt, dass die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse bestätigen, dass glyphosatbasierte Herbizide keinen Krebs verursachen“, hieß es in einer Mitteilung.
Der Fall des Klägers gilt als sogenannter Bellwether Trial – einer von mehreren repräsentativen Fällen, die bei US-Produkthaftungsklagen genutzt werden, um etwa die Schadensspanne und Möglichkeiten für einen Vergleich zu bestimmen. Er könnte die Richtung für über 760 weitere bei dem Gericht in San Francisco anhängige Verfahren vorgeben.
Bayer hatte den Roundup-Entwickler Monsanto vorigen Sommer für 63 Mrd. Dollar übernommen. Der Konzern sieht sich in den USA wegen des Unkrautvernichtungsmittels mit etwa 11.200 Klägern konfrontiert und wurde im Vorjahr bereits zu einer Schadenersatzzahlung in der Höhe von 78 Mio. Dollar verurteilt. Mit dem Urteil vom Dienstag erhöhe sich das Risiko, der Konzern könne ein Spielball von aktivistischen Investoren oder sogar ein Übernahmeziel werden, meint Markus Mayer, Analyst der Baader Helvea.
Markus Manns hingegen, Fondsmanager bei Union Investment, warnte davor, zu viel Gewicht auf die einzelnen Geschworenenurteile zu legen. „Wichtig wird sein, wie die Berufungsverhandlungen für Bayer ausgehen“, sagte er zu Reuters. Über einen Vergleich zu sprechen, wäre zu früh. „Der Druck auf Bayer steigt auf jeden Fall.“ (APA/Reuters/est)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2019)