Protest gegen EU-Urheberrechtsreform: Wikipedia ging offline

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Erstmals ist die deutsche Version der Online-Enzyklopädie nicht abrufbar. Die Autoren wenden sich dabei vor allem gegen den umstrittenen Artikel 13 der geplanten Reform.

Die deutschsprachige Version der Online-Enzyklopädie Wikipedia ist am Donnerstag aus Protest gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform für einen kompletten Tag offline gehen. "Die Autorinnen und Autoren der Wikipedia haben sich entschieden, Wikipedia heute aus Protest gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform abzuschalten", hieß es in einer Meldung auf der Internetseite Wikipedias.

Das EU-Parlament soll am Dienstag über die geplante Urheberrechts-Reform abstimmen. Die Wikipedia-Autoren befürchten dadurch erhebliche Einschränkungen. Dabei beziehen sie sich besonders auf den heftig umstrittenen Artikel 13. Plattformen wie Youtube müssen demnach künftig alles ihnen Mögliche tun, um Urheberrechtsverletzungen auf ihrer Seiten zu verhindern.

Geschützte Werke müssten demnach lizenziert werden, bevor sie auf den Plattformen landen - oder dürften nicht hochgeladen werden. Kritiker warnen, dass die Plattformen dadurch gezwungen seien, Uploadfilter einzuführen. Dabei handelt es sich um eine Software, mit der Internet-Plattformen schon beim Hochladen überprüfen können, ob Bilder, Videos oder Musik urheberrechtlich geschützt sind. Gegner bemängeln, Upload-Filter seien fehleranfällig und könnten - als Beifang - auch Inhalte wie Parodien oder Zitate blocken, die eigentlich legal sind. Dies führe letztlich zu einer Beschränkung der Meinungsfreiheit.

"Oase in einer gefilterten Wüste des Internets"

"Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer Userinnen und User präventiv unterbinden, was in der Praxis nur mittels fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar wäre", heißt es daher in dem Text auf Wikipedia. "Zudem müssten alle Webseiten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten", hieß es weiter. "Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen."

Die Wikipedia selbst ist von Artikel 13 der neuen Urheberrechtsrichtlinie ausgenommen. Dennoch, so die Befürchtung der Community, "wird das Freie Wissen selbst dann leiden, wenn Wikipedia eine Oase in der gefilterten Wüste des Internets bleibt."

Die deutschsprachige Wikipedia umfasst aktuell knapp 2,3 Millionen Artikel und wird etwa 30 Millionen Mal am Tag abgerufen. Weltweit steht Wikipedia laut eigener Angaben auf Platz 5 der meistaufgerufenen Webseiten.

(APA/red.)

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