Verfassungsgericht bestätigt: Imame dürfen nicht aus dem Ausland finanziert werden

Clemens Fabry
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Türkische Imame hatten Beschwerde gegen das Islamgesetz eingelegt, die der VfGh abwies. Verboten sind nur Zuwendungen von anderen Staaten, nicht jedoch von ausländischen Privaten. Die Islamische Glaubensgemeinschaft erwägt den Gang zum Europäischen Gerichtshof.

2015 wurde im Islamgesetz festgeschrieben, dass Imame und islamische Vereine nicht aus dem Ausland finanziert werden dürfen. Mehrere türkische Imame hatten dagegen - und gegen ihre Ausweisung - Beschwerde eingelegt. Diese hat der Verfassungsgerichtshof heute abgelehnt und entschieden, dass das Verbot der Auslandsfinanzierung für Imame nicht verfassungswidrig ist. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) erwägt nun den Gang zum Europäischen Gerichtshof.

Zwar greife das Islamgesetz in die - nach der Menschenrechtskonvention geschützte - Freiheit bei der Finanzierung anerkannter Kirchen und Religionsgemeinschaften ein. Aber dieser Eingriff sei nicht unverhältnismäßig, befanden die Höchstrichter in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Erkenntnis. Nicht vom Verbot umfasst seien allerdings die Unabhängigkeit der Religionsgemeinschaft nicht beeinträchtigende Zuwendungen ausländischer Privater, merkte der VfGH an.

"Einwirkungen anderer Staaten" verhindern

Die Wahrung der Unabhängigkeit von Religionsgemeinschaften vom Staat - insbesondere auch anderer Staaten - bilde ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel. Nämlich die "Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen auf die Autonomie, die religiösen Inhalte und letztlich die freie Religionsausübung der Mitglieder" zu verhindern. "Dieses Regelungsziel hat ein Gewicht", das die Regelung auch im Hinblick auf die EMRK rechtfertige, stellen die Verfassungsrichter fest.

Sie heben aber auch hervor, wie das Verbot verfassungskonform auszulegen ist: Verboten seien nur Zuwendungen anderer Staaten und deren Einrichtungen, nicht jedoch Zuwendungen ausländischer Private, wenn sie die Selbstständigkeit der Religionsgemeinschaft nicht beschränken.

Die Beschwerden erhoben haben zwei für den Verein Atib tätige Imame sowie Frau und Tochter eines der beiden. Einer war als Seelsorger in Freistadt tätig, einer in Villach. Beide bekamen ihr Gehalt vom türkischen Generalkonsulat und versteuerten es in der Türkei. Sie sind "durch die angefochtenen Erkenntnisse weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden", attestierte ihnen der VfGH. Die Beschwerden wurden abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob sonstige Rechte verletzt wurden.

IGGÖ beklagt Imame-Mangel

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich überlegt nun, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Jetzt stünde dieser Weg offen, "um die Einschränkung der Religionsfreiheit im Islamgesetz neu abwägen zu lassen".

Konsequenz des VfGH-Spruchs sei, dass der Imame-Mangel kritisch werde, meinte IGGÖ-Präsident Ümit Vural in einer Aussendung am Donnerstag. Jetzt gelte es weitere Schritte zu setzen, um ihn zu lindern. Gemeinsam mit der ATIB-Kultusgemeinde werde man sich "sehr gewissenhaft" mit dem VfGH-Entscheid auseinandersetzen, die Situation und auch weitere Schritte eruieren.

Kurz: "Ermutigendes Signal"

Als "ermutigendes Signal, dass dem politischen Islam und Einfluss aus dem Ausland Schranken gesetzt werden können", begrüßte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum - von ihm federführend 2015 erarbeiteten - Islamgesetz. Er sieht darin eine Bestätigung im Kampf der Regierung gegen den politischen Islam in Österreich.

Kurz sagte, das Islamgesetz sei stark kritisiert worden. "In Wahrheit ist es aber ein Vorbild für andere EU-Länder". Es gebe die Möglichkeit, sicherzustellen, dass keine Auslandsfinanzierung für Muslime in Österreich stattfinde. Damit werde die muslimische Glaubensgemeinschaft nicht unter Druck gesetzt. Kurz betonte, dass die Ausweisung von Imamen zurück in die Türkei bestätigt wurde, "ist ein wichtiger Schritt".

Wie der Bundeskanzler begrüßte auch Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Donnerstag das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Islamgesetz. Dies zeige, dass die Regierung mit ihren Maßnahmen gegen den radikalen politischen Islam auf dem richtigen Weg sei, befand er in einer Aussendung.

(APA)

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