Niklas Frank: „Dem Vater gönne ich die Todesstrafe“

Niklas Frank in seinem Teich bei Itzehoe. Im Hintergrund eine Vogelscheuche mit dem Ledermantel seines Vaters; er kaufte ihn der Familie des GIs ab, der Hans Frank 1946 verhaftete.
Niklas Frank in seinem Teich bei Itzehoe. Im Hintergrund eine Vogelscheuche mit dem Ledermantel seines Vaters; er kaufte ihn der Familie des GIs ab, der Hans Frank 1946 verhaftete.(c) Daniel Pilar/laif (Pilar, Daniel)
  • Drucken

Niklas Frank, der Sohn des 1946 gehängten Schlächters von Polen, blickt zurück und klagt an. Ein Gespräch über Schuld, Sühne und ein Leben im Schatten eines Kriegsverbrechers.

Ihr Vater, Hans Frank, war als Hitlers Generalgouverneur in den besetzten polnischen Gebieten mitverantwortlich für den Tod von Millionen Juden. Warum tragen Sie meistens ein Foto mit sich, das seine Leiche unmittelbar nach der Hinrichtung in Nürnberg zeigt?

Niklas Frank: Damit ich sicher bin, dass er tot ist. Seit ein paar Jahren aber grinst er mich so an, als ob er weiterlebte – auch bei euch in Österreich.

Sie waren sieben Jahre alt, als Ihr Vater 1946 gehängt wurde. Hatten Sie damals überhaupt eine Ahnung, wer der Mann, den man den „Schlächter von Polen“ nannte, war?

Wenn Ihr Vater verhaftet wird und Sie jeden Tag ein Bild von ihm auf der Anklagebank sehen, fällt Ihnen auch als Kind schnell auf, dass er in eine üble Sache verwickelt ist. In der Zeitung sah ich Fotos von lauter KZ-Leichen, darunter stand stets: Polen. Ich wuchs im Bewusstsein auf: Polen gehört uns. Wir lebten auf dem Wawel in Krakau, der ehemaligen Residenz polnischer Könige. Ich wuchs auf wie ein Prinz, unser Diener hieß Johann wie in einer drittklassigen Komödie, ich fuhr in wunderschönen Salonwagen, die an Züge angehängt waren. Ich wusste, dass mein Vater ein mächtiger Mann war.

Wussten Sie, dass er ein böser Mann war?

Nein, aber ich konnte ihn von Anfang an nicht leiden. Ich war drei oder vier, als ich meinem Vater weinend um einen runden Tisch nachlief, und er rief: „Fremdi, Fremdi“. Er glaubte eine Zeit lang, ich sei nicht sein, sondern der Sohn seines besten Freundes. Das ist die entscheidende Geschichte in meinem Leben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.