Die letzten Bildungsbürger

Konrad Paul Liessmann.
Konrad Paul Liessmann.(c) Clemens Fabry
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Wo Pierre Bourdieu irrte: Es sind nicht mehr soziale Schranken, die die Menschen von Museen, Konzerthäusern oder Theatern fernhalten, sondern es ist die weit verbreitete Bequemlichkeit.

Was verlören wir, sperrten wir die Opernhäuser, Theater und Konzerthäuser zu? Was vermissten wir, ersetzten wir elitäre Festspiele durch massenwirksame Sportevents? Immerhin kommen nur wenige Menschen in den Genuss exquisiter und exklusiver Opernaufführungen oder Philharmonikerkonzerte, nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung interessiert sich für das, was man abfällig repräsentative Hochkultur nennt, aber alle müssen – handelt es sich doch in hohem Maße um subventionierte Unternehmungen – dafür bezahlen.

Der Vorwurf, dass sich ein blasiertes Bildungsbürgertum seine Distinktionsgewinne, die es durch eine abgeschottete Teilnahme an Premieren und Festspielen lukriert, auch noch von jener Allgemeinheit mitfinanzieren lässt, die es ob ihres fehlenden Kunstgeschmacks verachtet, wurde und wird immer erhoben.

Seit Pierre Bourdieu in den 70er-Jahren die These formulierte, dass die Zugehörigkeit zur bürgerlichen „legitimen“ Kultur jene feinen Unterschiede generiert, über die Menschen ihren höheren sozialen Rang symbolisch dokumentieren, wird man nicht müde, diese Funktion der Hochkultur zu kritisieren und entweder nach deren Öffnung oder Liquidierung zu rufen.

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