ICE-Anschläge: Weitere Festnahmen

Polizisten suchten auf der ICE-Strecke zwischen Nürnberg und München die Schienen ab. Hier spannte der in Wien verhaftete Iraker im Oktober ein Stahlseil über die Gleise.
Polizisten suchten auf der ICE-Strecke zwischen Nürnberg und München die Schienen ab. Hier spannte der in Wien verhaftete Iraker im Oktober ein Stahlseil über die Gleise.(c) APA/dpa/Daniel Karmann (Daniel Karmann)
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Zwei Männer, die mit dem in Wien lebenden Iraker A. (42) eine Terrorzelle gebildet haben sollen, wurden in Prag festgenommen. A. und auch seine Frau sitzen in U-Haft.

Wien/Prag. Im Zusammenhang mit den Anschlägen auf ICE-Züge im vergangenen Jahr in Deutschland hat die tschechische Polizei am Mittwoch in Prag zwei Personen festgenommen. Dies wurde am Donnerstag von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor dem Nationalrat bestätigt.

Laut einer Sprecherin der tschechischen Polizei seien die beiden „Ausländer“ auf dem Flughafen kurz nach ihrer Ankunft festgenommen worden. Die Festnahmen sind auf Grundlage eines Europäischen Haftbefehls des österreichischen Verfassungsschutzes erfolgt. Über die Auslieferung der beiden Männer muss nun ein Gericht entscheiden.
Laut Kickl handelt es sich bei den beiden um „zwei weitere mutmaßliche Terroristen“, mit denen der Iraker „eine gemeinsame Zelle gebildet hat“. Die Festnahme des Irakers, der als Asylberechtigter mit seiner Familie in einem Gemeindebau in Wien-Simmering gewohnt hatte, bezeichnete Kickl als einen „sehr, sehr wichtigen Schlag, der gegen einen mutmaßlichen irakischen Terroristen gelungen ist“.

Verteidigung widerspricht

A. ist, wie berichtet, am Montag festgenommen worden. Laut Staatsanwaltschaft steht er im dringenden Verdacht, im Oktober und Dezember 2018 in Deutschland terroristische Anschläge auf Bahnstrecken durchgeführt zu haben, indem er unter anderem Stahlseile über die Gleise spannte und auf diesen auch Betonplatten platzierte, die aber nicht zum Entgleisen der Züge führten. Der Mann gibt das zu, will aber nicht als Terrorist gehandelt haben.

In der Nähe der Tatorte waren Schriftstücke in arabischer Sprache sowie eine IS-Flagge gefunden worden. Das Bekennerschreiben führte über den dafür verwendeten Drucker zur Verhaftung des Mannes.
Laut seinem Anwalt, Wolfgang Blaschitz, will der 42-Jährige allein gehandelt haben. Auch eine Verbindung zur Terrormiliz IS bestreite der seit sieben Jahren in Wien lebende Iraker. Die Attentate hätten eine „politische Botschaft“ an die deutsche Regierung sein sollen, sagte Blaschitz zur „Presse“. Sein Mandant habe angenommen, es habe Bombardements durch deutsche Kampfjets im Irak gegeben, daher habe A. die Zug-Anschläge in Deutschland verübt.

Auf die beiden in Prag festgenommenen Männer sind die Ermittler offenbar gestoßen, weil deren Namen in sichergestellten Unterlagen von A. zu finden waren.

Donnerstagnachmittag verhängte das Straflandesgericht Wien die Untersuchungshaft über den Verdächtigen und seine am Mittwoch wegen des Verdachts auf Beihilfe ebenfalls festgenommene Frau.
Unterdessen stellte sich die Frage, wie gut A. Deutsch spricht. Laut seinem Anwalt sei es unerlässlich einen Dolmetscher zuzuziehen. Auch im Polizeiverhör wurde zuletzt ein Übersetzer eingeschaltet.
Nachbarn aus dem Simmeringer Gemeindebau, in dem der Iraker zuletzt einige Monate mit seiner Frau und seinen Kindern gelebt hat, berichten aber: A. habe sich rege mit ihnen unterhalten, stets gegrüßt – und zwar auf Deutsch.

Das bestätigt auch seine ehemalige Arbeitgeberin – jene Security-Firma, bei der er im vergangenen Jahr für ein paar Monate tätig war. A. hat, wie berichtet, Ordnungsdienste vor Supermärkten und bei Fußballspielen verrichtet.

„Ja, er hat Deutsch gesprochen, und gar nicht einmal so schlecht. Schon allein deshalb, weil wir nur Mitarbeiter nehmen, die gut Deutsch sprechen“, sagte eine Sprecherin zur „Presse“. Das lasse sich auch mit Unterlagen belegen. Details dürfe sie aus Datenschutzgründen zwar nicht sagen, aber: „Er hat einen staatlichen Deutschkurs auf einem höheren Niveau absolviert.“  (m. s./cim/win/kb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2019)

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