Österreichs Wirtschaft wächst spürbar schwächer

Der private Konsum ist eine Stütze für Österreichs Wirtschaft.
Der private Konsum ist eine Stütze für Österreichs Wirtschaft.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Experten von Wifo und IHS senken die BIP-Wachstumsprognose für 2019 auf 1,7 bzw. 1,5 Prozent. Hauptgrund: Der Außenhandel schwächelt. Immerhin entspannt sich der Arbeitsmarkt weiter.

Österreichs Wirtschaft wächst heuer spürbar schwächer als bisher angenommen. Am Freitag haben die heimischen Wirtschaftsforscher ihre Wachstumsprognosen für heuer deutlich gesenkt, das Wifo von 2,0 auf 1,7 Prozent, das IHS von 1,7 auf 1,5 Prozent. Für 2020 ließen die Institute ihre Prognosen mit +1,8 bzw. +1,6 Prozent gegenüber Dezember gleich. 2018 hatte das reale Plus noch 2,7 Prozent betragen.

Die EU-Kommission ging im Februar von 1,6 Prozent Wachstum aus, die Ökonomen der Bank Austria senkten ihre Prognose diese Woche von 1,6 auf 1,4 Prozent reales Wirtschaftswachstum. Und für 2020 rechnet die Bank Austria lediglich mit 1,3 Prozent BIP-Plus.

Vor allem die Zuwächse im Außenhandel schmelzen heuer stark zusammen, hier haben die Experten von Wifo und IHS am Freitag ihre Vorhersagen am stärksten zurückgenommen - bei den Exporten wie den Importen. Schwächer als bisher wird außerdem vor allem vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) die Entwicklung der Ausrüstungsinvestitionen im laufenden Jahr gesehen, ebenso - anders als vom Institut für Höhere Studien (IHS) - auch bei den Bauinvestitionen.

Wifo/IHS-Konjunkturprognose
Wifo/IHS-Konjunkturprognose(c) APA

Situation am Arbeitsmarkt entspannt sich

Positiv in der neuen Prognose: Die schrittweise Entspannung am heimischen Arbeitsmarkt dürfte sich den Experten zufolge fortsetzen, und die Inflationsrate vor allem 2019, aber auch 2020, stärker nach unten gehen als bisher angenommen. Der Maastricht-Überschuss des Gesamtstaates dürfte heuer zulegen, laut Wifo auch 2020 nochmals.

Die Arbeitslosigkeit wird nach Meinung beider Institute 2019 noch weiter zurückgehen - 2020 werde die recht hohe Arbeitskräftenachfrage, der das zu verdanken ist, aber nicht mehr erreicht. Beide gehen davon aus, dass sich die Zuwächse bei der Zahl der unselbstständig aktiv Beschäftigten 2019 und 2020 abschwächen. Für heuer erwartet das Wifo einen Rückgang der nationalen Arbeitslosenquote von 7,7 auf 7,3 Prozent und dann eine Seitwärtsbewegung. Das IHS ist nicht optimistisch und sieht für 2019/20 je 7,5 Prozent, sogar etwas mehr als im Dezember gedacht.

Positiv für die Verbraucher ist der Rückgang der Inflation in den letzten Monaten - wegen der gesunkenen Ölpreise. Nach 2,0 Prozent 2018 sieht das Wifo heuer und nächstes Jahr nur 1,7/1,8 Prozent Teuerung, das IHS 1,8/1,9 Prozent.

Stabilisierung im zweiten Quartal 2019

Die Industriekonjunktur in Österreich befindet sich "derzeit im Abschwung", und die Welthandelsflaute wirkt belastend, erklärte das Wifo. Allerdings dürfte sich die Konjunktur im zweiten Halbjahr stabilisieren, glaubt das Institut. Der Außenhandel schwäche sich 2019 ab. Die USA und das dynamische Osteuropa würden aber weiter für solide Aufträge sorgen.

Einen lang anhaltenden Abschwung hält das Wifo für "wenig wahrscheinlich", wenngleich er möglich sei. Zu vielleicht in der Öffentlichkeit bestehenden Sorgen, dass der jetzige Abschwung so intensiv und lang wie der vorhergehende Aufschwung sein könnte, betonten die Experten, dass erstens die Modellprognosen kein eindeutiges Bild eines hartnäckigen Abschwunges zeichnen würden, und zweitens erfolge ein Abschwung tendenziell rascher als ein Aufschwung, und er sei bereits im Gange.

Derzeit würden die Abwärtsrisiken dominieren, so das IHS, doch falls sich die Stimmung der Privathaushalte und Firmen im Euroraum verbessert, könnte dies auch für Österreichs Konjunktur positiver sein als jetzt unterstellt. Eine Senkung der Abgabenbelastung würde jedenfalls die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs stärken.

Das Wifo nennt als Prognoserisiken neben einem ungeregelten Brexit auch ein Wiederaufflammen des EU-US-Handelskonflikts, die Entwicklung in Italien und eine mögliche Investitionsschwäche in Österreich. Deren Wachstum schwäche sich geringfügig ab - da der Investitionszyklus sehr volatil sei, könnte der kräftigen Steigerung der Ausrüstungsinvestitionen seit 2016 "demnächst ein stärkerer Rückgang folgen", warnt das Wifo. Zudem könnte die aktuelle Stimmungseintrübung nicht nur bei uns, sondern in vielen Volkswirtschaften "selbstverstärkende Mechanismen auslösen, den weltweiten Abschwung beschleunigen und die Wirtschaftsleistung deutlicher dämpfen".

Privater Konsum als Stütze

Zur Stütze der Konjunktur in Österreich werde immer mehr der private Konsum, so das Wifo. Gestärkt würden die Einkommen der Privathaushalte durch die leicht überdurchschnittlichen Lohnabschlüsse für 2019 und eine tendenziell expansive Fiskalpolitik, Stichwort Familienbonus. Das Konsumvertrauen habe zwar etwas nachgelassen, so das IHS, bleibe aber auf einem hohen Niveau. Wifo und IHS sehen heuer 1,7 bzw. 1,6 Prozent Realanstieg beim Privatkonsum.

(APA)

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