IHS und Wifo: Steuersenkung für Mitarbeiter statt für Firmen

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Die Steuerreform dürfte doch aus Budgetüberschüssen finanzierbar sein. Die Entlastung des Faktors Arbeit habe „höchste Priorität“.

Wien. Die guten Nachrichten nehmen kein Ende. Kaum haben die Österreicher verdaut, dass Bund, Länder und Gemeinden erstmals seit Jahrzehnten keine neuen Schulden aufgenommen haben, schafft das Land auch noch das Kunststück, sich dem Abwärtsstrudel der Weltwirtschaft weitgehend zu entziehen. Zwar senkten sowohl das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) als auch das Institut für Höhere Studien (IHS) ihre Konjunkturprognosen leicht auf 1,7 bzw. 1,5Prozent. Die Wirtschaftsforscher bleiben aber optimistisch, dass sich das Wachstum in der zweiten Jahreshälfte wieder stabilisieren wird.

So leide zwar die Exportindustrie aufgrund des plötzlichen Schwächeanfalls der deutschen Automobilbranche und des starken Abschwungs beim wichtigen Handelspartner Italien. Im Dienstleistungssektor und in der Bauwirtschaft gebe es hingegen noch keine Anzeichen für einen stärkeren Rückgang. Dafür sorgen einerseits die Notenbanken mit ihrer Nullzinspolitik und andererseits die konsumfreudigen Österreicher. Angetrieben vom Familienbonus und kräftigen Lohnsteigerungen wird der Privatkonsum auch in den kommenden beiden Jahren stabil wachsen.

„Kein Aktionismus notwendig“

„Es besteht keine Rezessionsgefahr. Daher ist auch kein wirtschaftspolitischer Aktionismus notwendig“, sagt Wifo-Chef Christoph Badelt mit Blick auf die geplante Steuerreform. Diese könnte, anders als IHS und Wifo noch vor drei Monaten erwartet haben, nun doch aus dem laufenden Budget finanziert werden, sind sich die beiden Institute einig.

Das Wifo rechnet mit einem gesamtstaatlichen Maastricht-Überschuss von 0,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für 2019 und von 0,7Prozent für 2020. Das IHS kommt auf 0,2 Prozent des BIPs in beiden Jahren, berücksichtigt in seinen Berechnungen allerdings bereits die angekündigte Beitragssenkung der Krankenversicherung in Höhe von 700 Millionen Euro.

Die stabile Konjunktur sorge für sprudelnde Steuereinnahmen. Das sei zwar erfreulich, aber auch eine Gefahr, dass die notwendige Strukturreform im Steuersystem auf die lange Bank geschoben werde. Die Regierung werde das Geld dringend brauchen, um ungelöste Probleme wie die Pflege oder die „inakzeptabel hohe Arbeitslosigkeit“ zu bekämpfen, so Badelt. Ab 2020 würden die Arbeitslosenzahlen nach Ansicht der Ökonomen nicht mehr sinken.

Aus für Pendlerpauschale?

Auch in der aktuellen Debatte über Ausgestaltung der Steuerreform beziehen die beiden Volkswirte klar Stellung: „Die Entlastung des Faktors Arbeit ist in jedem Fall wichtiger als eine Senkung der Körperschaftsteuer“, sagt Wifo-Chef Badelt. Österreichs Arbeitnehmer seien im internationalen Vergleich deutlich höher belastet als die Unternehmen. Zwar gebe es auch Argumente für eine Senkung der Körperschaftsteuer, wie sie die Wirtschaftskammer fordert, allerdings seien diese Senkungen aus seiner Sicht „nicht sonderlich nachhaltig“. Auch IHS-Kollege Martin Kocher misst der Entlastung des Faktors Arbeit „höchste Priorität“ zu, betont aber, dass es „klug“ wäre „beides zu machen“.

An strukturellen Reformen im Steuerbereich wünscht sich Kocher ehrliche Debatten über Umweltsteuern und Grundsteuern. Auch Pendlerpauschale und das 13. und 14. Monatsgehalt könnten gestrichen werden, wenn im Gegenzug die Steuerquote gesenkt werde. Investieren soll der Staat in Bildung und Digitalisierung. Nur so könne das Potenzialwachstum des Landes gehoben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2019)

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