Begleitung auf die großen Bühnen

Die Mitglieder des Jungen Ensembles des Theaters an der Wiener Kammeroper (JET) können in szenischen Produktionen Bühnenerfahrung sammeln.
Die Mitglieder des Jungen Ensembles des Theaters an der Wiener Kammeroper (JET) können in szenischen Produktionen Bühnenerfahrung sammeln. (c) Herwig PRAMMER
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Wer als Trainee in ein Unternehmen kommt, soll dort für eine Topkarriere vorbereitet werden – Analoges gilt für Sänger, Musiker oder Museumskuratoren.

In Banken und Techunternehmen sind sie Usus, in der Lebensmittelindustrie oder im Handel sind sie ebenfalls alltäglich: Trainees, Teilnehmer an einem Inhouse-Weiterbildungsprogramm, das talentierte Berufsanfänger in ihrer Karriere begleiten, fördern und im Idealfall an das Haus binden soll.

Weniger bekannt sind einschlägige Programme im Kultursektor. Traineeships für Musiker heißen da etwa „Orchesterakademien“, für künftige Kuratoren gibt es in Deutschland eigene Fachvolontariate, und Sänger werden in einem „Opernstudio“ oder „Jungen Ensemble“ auf große Karrieren vorbereitet. So wie beim Jungen Ensemble des Theaters an der Wiener Kammeroper (JET): Dort ist seit Herbst des Vorjahres der junge St. Pöltener Tenor Johannes Bamberger Mitglied. Von 475 Bewerbern aus 57 Ländern hat er es als einziger Österreicher geschafft. Mit ihm stehen fünf weitere Operntalente für zwei Jahre unter Vertrag, die im Training on the Job, in vier szenischen Produktionen pro Saison, als Opernsänger arbeiten.

Sechs Wochen probt Bamberger mit seinen JET-Kollegen für ein Stück, das in zehn Vorstellungen über die Bühne geht. Anfangs nicht leicht für den 29-Jährigen: „Ich kam direkt von der Uni und hatte damals eher wenig Bühnenerfahrung“, sagt Bamberger, der mittlerweile auch gefragter Konzert- und Oratoriensänger ist. „Man lernt hier im geschützten Ambiente des Ensembles, was es wirklich heißt, als Opernsänger zu arbeiten.”

Die JET-Sänger stehen nicht nur in der Kammeroper, sondern auch in mittleren und kleineren Rollen im Theater an der Wien auf der Bühne – eine Chance, sich nicht nur auf der großen Bühne zu beweisen, sondern auch, sich Tipps von erfahreneren Kollegen zu holen. Außerdem profitieren sie von Begleitprogrammen, die sie auf den Berufsalltag vorbereiten sollen: ein Schauspielbootcamp, Atemtechnik- und Qi-Gong-Workshops sowie Meisterklassen mit renommierten Gesangscoaches.

Ergänzung zur Hochschule

„Eine Hochschule kann nicht alles abdecken, was für den Beruf nötig ist. Wir rüsten die jungen Sänger mit dem notwendigen Handwerkszeug aus, damit sie möglichst lang auf der Bühne stehen können. Die Arbeit als Opernsänger ist schließlich Hochleistungssport“, sagt Jochen Breiholz, künstlerischer Betriebsdirektor des Theaters an der Wien und künstlerischer Leiter des JET.

Die Chancen, nach der Zeit im JET an das bedeutende Opernhaus zurückzukehren, stehen gut. „Wir sind stolz darauf, einen Pool an außergewöhnlichen jungen Talenten zu haben, die wir auch zukünftig am Haus engagieren möchten. Wir wünschen unseren Ensemblemitgliedern, dass sie Karriere machen, und hoffen, dass sie wieder gern ans Theater an der Wien zurückkehren.“

Einige Meter weiter, in der Wiener Staatsoper, spielt jeden Abend das Wiener Staatsopernorchester. Viele der Musiker sind auch als Wiener Philharmoniker in den Konzertsälen dieser Welt zu Gast. Sie widmen sich nun mit der eigens gegründeten Orchesterakademie ganz der Nachwuchsförderung und bilden ab September zwölf junge Musiker aus. Ziel der Akademie sei es, die „spezifische Spielweise und den unverwechselbaren Klang“ der Wiener Philharmoniker an junge Musiker weiterzugeben, sagt Michael Bladerer, Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker.

Während der zweijährigen Ausbildung vermitteln Mitglieder des Orchesters im Einzelunterricht nicht nur Besonderheiten des „Wiener Klangstils“ und begleiten die Akademisten in der Erarbeitung und Perfektionierung der jeweiligen Sololiteratur, die jungen Musiker proben und konzertieren auch in kammermusikalischen Formationen mit den Philharmonikern und dürfen auf Klavierbegleitung und Coachings zurückgreifen. Außerdem im Programm: Mental- und Präsentationscoachings sowie medizinische und physiotherapeutische Betreuung, um Berufskrankheiten vorzubeugen. Ob die Akademisten nach Abschluss in das renommierte Orchester aufgenommen werden, entscheidet sich, wie bei allen anderen Anwärtern, nach einem offiziellen Probespiel.

Nicht nur Theater und Orchester, auch Museen bilden ihr eigenes Personal aus: Während das „wissenschaftliche Volontariat“ in Deutschland schon länger Usus ist, gibt es hierzulande kein vergleichbares Programm.

Ab Masterlevel ins Museum

Die Ausbildung in Deutschland, die eine Grundlage für eine höhere museale Laufbahn bieten soll, steht jenen offen, die einen Master- oder Magistertitel und idealerweise eine Promotion nachweisen können. Volontäre erlernen in einem strikten Ausbildungsplan Kernkompetenzen der musealen Arbeit: das Sammeln, Bewahren, Forschen, Ausstellen und Vermitteln sowie Museumsmanagement oder Kommunikation. Sie lernen, Ausstellungstexte zu erstellen, Hintergrundinformationen zu recherchieren, Vermittlungsprogramme zu konzipieren und Zeit- und Kostenplänen zu erstellen.

Volontäre sollen eigenständig arbeiten und sich fachlich durch Schwerpunktsetzung profilieren können. Sie sind hinsichtlich Weiterbildung wissenschaftlichen Mitarbeitern des Museums gleichgestellt und nehmen an internen und externen Fortbildungen teil. Das Volontariat dauert zwei Jahre. Danach gibt es ein Zeugnis und den Titel Graduate Trainee.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2019)

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