Honigbienen – eine Gefahr für Wildbienen?

Spanische Forscher konnten nun belegen, dass Honigbienen nicht nur viele gute Seiten haben, sondern auch eine Gefahr für ihre wilden Verwandten, die Wildbienen, sein können.

Unseren Honigbienen geht es aufgrund diverser Krankheiten und des Einsatzes bestimmter Pestizide gar nicht gut. Ihnen wird daher seit einigen Jahren – zu Recht – hohe Aufmerksamkeit zuteil. Man sorgt sich nicht nur um die Honigproduktion, sondern auch aufgrund ihrer Rolle bei der Befruchtung von Pflanzen – die Mehrzahl unserer Nutzpflanzen ist von der Bestäubung durch Insekten abhängig.

Weitgehend vergessen wird dabei auf die wilden Verwandten der seit Jahrtausenden domestizierten Honigbienen: Weltweit sind mehr als 20.000 Arten von Wildbienen bekannt, von denen zumindest 696 Arten auch in Österreich leben. Die Vielfalt ist immens: Sie reicht von der vier Millimeter kleinen Steppenbiene bis zur drei Zentimeter großen Holzbiene. Manche Arten sind (so wie die Honigbienen) Futtergeneralisten, andere sind hingegen auf ganz bestimmte Pflanzen angewiesen.

Diese Vielfalt ist stark gefährdet – je nach Land und Region stehen ein Viertel bis zwei Drittel der Wildbienenarten auf Roten Listen. Die Gründe dafür liegen im Verlust von Lebensräumen und in der Ausbreitung der intensiven Landwirtschaft. Wie spanische Forscher nun gezeigt haben, spielen aber auch die Honigbienen eine Rolle: Bei Versuchen auf Teneriffa wurde bewiesen, dass sowohl Zahl als auch Vielfalt von Wildbienen sinken, wenn ein Bienenstock zu einer blühenden Wiese gebracht wird. Allein schon die schiere Menge der Tausenden plötzlich anwesenden Honigbienen verdrängt die Wildbienen – v. a. die spezialisierten Arten – von ihren Futterpflanzen (Scientific Reports, 18. 3.).

Bei den Versuchen zeigte sich noch etwas: Auch die Bestäubungsleistung der Insekten nimmt ab, wenn Honigbienen zugegen sind: In Gebieten ohne Bienenstöcke bildeten die Pflanzen deutlich mehr Früchte und Samen aus. Das deckt sich mit früheren Beobachtungen, dass Wildbienen effizientere Bestäuber sind, u. a. deshalb, weil sie gleichzeitig Nektar und Pollen sammeln und dabei intensiveren Kontakt mit den Blüten haben.

Auch wenn die Forscher betonen, dass diese Befunde vorerst nur für das Ökosystem in Teneriffa gelten und noch in anderen Regionen bestätigt werden müssen, so lässt sich dennoch schon jetzt eine Lehre ziehen: So wichtig Honigbienen als Bestäuber von Nutzpflanzen auch sind und man sich daher um sie kümmern muss – Wildbienen sind dafür mindestens genauso bedeutsam. Wir sollten ihnen daher, allein schon aus Eigeninteresse, mehr Zuwendung schenken.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum-Magazins“.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2019)

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