Der ukrainische Präsident muss um seine Wiederwahl fürchten. 2014 haben ihn in seiner Heimatstadt Bolhrad noch viele unterstützt. Mittlerweile hat er sogar dort die Sympathien verspielt. Was ist in seiner Amtszeit passiert?
Die Welt des Erstklässlers Petro Poroschenko war übersichtlich wie das Schachbrettmuster, in dem seine Heimatstadt angelegt ist. Seinen Sitzplatz hatte er in der dritten Reihe in einem Erdgeschoß-Klassenzimmer mit Blick auf den Schulhof. Das Schulgebäude lag fünf Minuten von seinem Elternhaus entfernt. Bog man an der großen gelben Kirche nach Westen ab, gelangte man in ein paar Minuten zum schilfgesäumten Jalpuhsee. Dahinter lag schon ein anderes Land: Moldawien. Folgte man dem baumgesäumten Lenin-Prospekt, an dem das einstöckige Haus der Poroschenkos mit dem kleinen Balkon stand, war man wenig später im schattigen Komsomolzenpark. Ein paar Hundert Meter weiter, immer die schnurgerade Straße und die daran aufgefädelten Häusern entlang, endete Bolhrad.
Bolhrad ist ein Städtchen inmitten von Getreidefeldern, Obstplantagen und Weingärten im südwestlichsten Winkel der Ukraine. Hier scheint die Sonne viel und lang. Bessarabien mit seiner südlichen Wärme ist eine Heimat, die man im Herzen behält, auch wenn man hier nur die ersten Jahre verbringt und noch viel vorhat. Anlegen ließ die Stadt der russische General Iwan Insow in strenger geometrischer Ordnung, nachdem er die Osmanen von hier vertrieben hatte. Das war im frühen 19. Jahrhundert. Flüchtlinge aus den bulgarischen Landen siedelten sich an. Bolhrad ist bis heute die Heimat der ukrainischen Bulgaren. Und die Heimatstadt Petro Poroschenkos, des fünften Präsidenten der Ukraine, der 1965 hier geboren wurde.