Arbeitsmarkt: Hilfsarbeiter sind die großen Verlierer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Vom aktuellen Aufschwung profitieren viele, auch Hilfsarbeiter finden wieder Jobs. Entwarnung ist das keine. Sie bleiben die größte Risikogruppe auf dem Arbeitsmarkt.

Wien. Es bleibt noch eine Weile gut: Die Wirtschaftsforscher haben vorige Woche zwar ihren Ausblick für das österreichische Wirtschaftswachstum gesenkt. Aber: Der Konjunkturdämpfer dürfte im Sommer nachlassen. Aufatmen heißt es daher auch auf dem Arbeitsmarkt. Hier können die Regierung und das Arbeitsmarktservice (AMS) seit Monaten gute Zahlen vermelden. Im März gab es einen besonders starken Rückgang. 368.979 Menschen waren arbeitslos oder in einer Schulung. Das waren um 29.524 weniger als vor einem Jahr.

Vom aktuellen Aufschwung profitieren wirklich viele. Frauen, Männer, Junge, Alte. Leiharbeiter und Bauarbeiter. Burgenländer, Salzburger, Wiener. Sogar Hilfsarbeiter finden aktuell wieder Jobs: In der Gruppe der Menschen, die als höchste Ausbildung einen Pflichtschulabschluss vorweisen können, ist die Arbeitslosigkeit im März um 7,2 Prozent gesunken (siehe Grafik). Damit stehen sie aktuell sogar besser da als Akademiker: Rechnet man die Schulungsteilnehmer weg, nahm die Zahl der arbeitslosen Hochschulabsolventen um vier Prozent zu, während sie unter den niedrig Qualifizierten um fünf Prozent zurückging.

Dabei gelten Menschen ohne oder mit schlechter Ausbildung als die größte Problemgruppe auf dem Arbeitsmarkt. Und das bleiben sie, auch wenn die aktuellen Zahlen gut sind. In Zeiten der Hochkonjunktur sinke die Arbeitslosenquote von schlecht ausgebildeten Personen merklich, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. „Unternehmen beschäftigen in diesen Zeiten auch niedrig Qualifizierte.“ Das ist aber stark von der Wirtschaftslage abhängig. Sobald sich die Konjunktur eintrübt, wird auch die Zahl der arbeitslosen Hilfsarbeiter wieder steigen. Dramatisch ist der Langzeitvergleich. Die Arbeitslosenquote von Menschen, die maximal die Pflichtschule abgeschlossen haben, hat sich seit Anfang der 1990er-Jahre verdoppelt. Das geht aus einer Spezialauswertung des Arbeitsmarktservice hervor. Unter Absolventen einer Lehre, einer höheren Schule oder einer Universität hat es nur geringfügige Anstiege der Arbeitslosenquoten gegeben (siehe Grafik).

Die Arbeit ändert sich

Arbeitsmarktexperte Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien hat dafür eine naheliegende Erklärung: „Die Arbeit hat sich verändert, die Ansprüche der Arbeitgeber sind gestiegen.“ Gleichzeitig sei das Angebot an niedrig qualifizierten Arbeitern nicht merkbar zurückgegangen, auch wegen der starken Zuwanderung nach Österreich. Und: Früher habe man die Menschen schneller in Frühpension geschickt. Wer mit 18 als Hilfsarbeiter begonnen hat, konnte damit zu Beginn seiner Berufslaufbahn vielleicht recht gut verdienen. Aber irgendwann war die körperliche Kraft weg, man wurde nicht mehr gebraucht. Viele Jobs wurden durch Maschinen ersetzt, und das wird auch so weitergehen: Das IHS schätzt, dass 30 Prozent der Hilfsarbeiterjobs durch die Digitalisierung bedroht sind.

Traditionell viele Hilfsarbeiterjobs gibt es auf dem Bau und in der Gastronomie. 44 Prozent der Arbeitslosen in Österreich haben lediglich die Pflichtschule abgeschlossen. Die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe lag im Jahresdurchschnitt 2018 bei 22,8 Prozent. Deutlich niedriger war sie unter Lehrabsolventen mit 6,5 Prozent.

Geld für gering Qualifizierte

Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS gehen in ihrer Prognose davon aus, dass sich die „schrittweise Entspannung“ auf dem heimischen Arbeitsmarkt heuer noch fortsetzen wird. Sie warnten am Freitag aber einmal mehr vor der „Verfestigung“ der Arbeitslosigkeit. Während fast 370.000 Menschen keinen Job haben, suchen die Betriebe händeringend nach Fachkräften. Schon jetzt fließt ein bedeutender Teil des AMS-Budgets in Programme, mit denen schlecht Qualifizierte auf den Arbeitsmarkt gebracht werden sollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2019)

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