König zahlt vier Kindern Khashoggis Schweigegeld

Salah Khashoggi (li), der älteste Sohn des ermordeten Journalisten, lebt immer noch in Jeddah. Seine Geschwister haben Saudiarabien verlassen.
Salah Khashoggi (li), der älteste Sohn des ermordeten Journalisten, lebt immer noch in Jeddah. Seine Geschwister haben Saudiarabien verlassen.(c) APA/AFP/AMER HILABI (AMER HILABI)
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Die Nachkommen des ermordeten Journalisten sollen Luxusvillen und Apanagen erhalten.

Tunis. Saudiarabien will die Kinder des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi mit hohen Summen finanziell entschädigen. Nach einem Bericht der „Washington Post“ erhalten die beiden Töchter und die beiden Söhne jeweils eine Vier-Millionen-Dollar-Villa in der Hafenstadt Jeddah, eine fünfstellige Monatszahlung sowie einen Millionenbetrag, dessen Höhe noch ausgehandelt werden muss. Die Luxusgebäude gehören zu einer Wohnanlage, in der der älteste Sohn Salah bereits ein Haus besitzt. Er arbeitet als Banker und ist der einzige der vier Nachkommen Khashoggis, der weiterhin in Saudiarabien leben möchte.

Die anderen drei Geschwister wohnen in den USA und wollen die ihnen ausgehändigten Häuser verkaufen. König Salman habe die Zahlungen genehmigt als Eingeständnis, dass „großes Unrecht geschehen ist“ und als Versuch, „etwas Falsches geradezurücken“, zitierte das Blatt einen ehemaligen hohen Beamten. Gleichzeitig will der Königspalast erreichen, dass sich die Angehörigen des Ermordeten auf Dauer mit Kommentaren zu der Bluttat zurückhalten und vor allem nicht Kronprinz Mohammed bin Salman öffentlich als Auftraggeber bezichtigen. Die Details ausgehandelt haben Khashoggis ältester Sohn Salah sowie der jüngere Bruder des umstrittenen Thronfolgers, Khalid bin Salman, der bis vergangenen November saudischer Botschafter in Washington war.

Der ermordete Jamal Khashoggi, der sich 2017 in die USA abgesetzt hatte, kritisierte in Kolumnen für die „Washington Post“ immer wieder den Mangel an Freiheit in seiner Heimat. Als er am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul die Papiere für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten abholen wollte, wurde er von einem 15-köpfigen Killerkommando in Empfang genommen, das zuvor in zwei Privatjets aus Riad angereist war. Wie über Wanzen des türkischen Geheimdienstes zu hören war, bekam Khashoggi nach einem Handgemenge eine Spritze verpasst und eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt. Seine Leiche, von der bis heute jede Spur fehlt, wurde von einem Gerichtsmediziner unter dröhnender Musik mit einer Knochensäge zerteilt.

Die Haupttäter stammen aus dem engsten Umfeld von Kronprinz Mohammed bin Salman. Nach Einschätzung des US-Geheimdienstes CIA kam der Mordbefehl „mit mittlerer bis hoher Gewissheit“ direkt von dem 33-jährigen Thronfolger. Angesichts der weltweiten Empörung ließ die saudische Justiz elf Personen festnehmen, die den Mord angeblich ohne Wissen des allmächtigen Kronprinzen ausgeführt haben sollen. Sie werden in den nächsten Wochen vor Gericht gestellt, mindestens fünf von ihnen droht die Todesstrafe.

Frauenaktivistinnen freigelassen

Das Entgegenkommen des Königshofes gegenüber der Khashoggi-Familie könnte aber mit einem wachsenden Missfallen des 83-jährigen Monarchen Salman an den skrupellosen Praktiken seines Sohnes zu tun haben. Nach einem Bericht des „Guardian“ ordnete der greise Staatschef jetzt an, Dutzende seit November 2017 verhaftete Bürgerrechtler, Blogger und Journalisten, die unter Folter, offenen Wunden und schlechter Ernährung leiden, in Kliniken verlegen zu lassen. Vergangene Woche kamen drei der elf Frauenaktivistinnen auf freien Fuß, die Mohammed bin Salman vor neun Monaten festnehmen und foltern ließ. Eine der Freigelassenen, die Linguistin und vierfache Mutter Eman Al Nafjan, hatte wegen der Tortur versucht, sich in ihrer Zelle das Leben zu nehmen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2019)

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