Unicredit bereitet Übernahmeofferte für Commerzbank vor

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Klappt die angedachte Fusion von Commerbank und Deutsche Bank nicht, könnte die italienische UniCredit vor der Tür stehen.

Die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit bereitet offenbar ein milliardenschweres Übernahmeangebot für die deutsche Commerzbank vor. Das geht aus einem Bericht der "Financial Times" hervor. Die Italiener wollen sich nicht in die laufenden Fusionsgespräche zwischen Commerzbank und Deutscher Bank einschalten, stehen aber bereit, falls diese scheitern.

Dies sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag auch gegenüber Reuters. Die Nachricht hat die Commerzbank-Aktie am Donnerstag beflügelt. Die Aktien der UniCredit sind indes gefallen. UniCredit wollte sich bisher nicht äußern. Auch die Deutsche-Bank-Aktie gab am Vormittag nach. Die Deutsche Bank und die Commerzbank hatten Mitte März mitgeteilt, dass sie über die Möglichkeiten eines Zusammenschlusses sprechen.

Sollte UniCredit am Ende zum Zuge kommen, wäre das vermutlich ein Alptraum-Szenario für die Deutsche Bank, weil diese im internationalen Vergleich zehn Jahre nach der Finanzkrise weit zurückgefallen ist und ihr auf dem Heimatmarkt ein mächtiger Gegner erwachsen würde. Die Deutsche-Bank-Aktie war am Vormittag einer der größten Verlierer im Dax.

Keine Komplettübernahme

Die Mailänder Großbank galt in den vergangenen Jahren immer wieder als möglicher Käufer der Commerzbank. So soll die Bank dem "FT"-Bericht zufolge zuletzt 2017 Kontakt mit deutschen Regierungsvertretern wegen eines möglichen Angebots für die teilstaatliche deutsche Großbank aufgenommen haben. Die UniCredit ist wegen der wirtschaftlichen Krise in Italien selbst angeschlagen, konnte sich aber zuletzt erholen. Sollte sie bei der Commerzbank zum Zuge kommen, würde sie diese mit ihrer Tochter HypoVereinsbank (HVB) verschmelzen.

Die HVB (München) ist samt ihrer seinerzeitigen Tochter Bank Austria (Wien) seit 2005 im Besitz der UniCredit.

Der Zeitung zufolge würde die UniCredit die Commerzbank im Fall des Falles nicht komplett übernehmen, sondern nur die Kontrolle über das Geldhaus erlangen. Es sei denkbar, dass das italienische Institut die Mehrheit an der fusionierten HypoVereinsbank/Commerzbank halten würde und die übrigen Anteile der Bank weiter an der Frankfurter Börse gehandelt werden.

Die Kombination der in München und Frankfurt beheimateten Häuser würde zudem ihren Sitz weiter in Deutschland haben, während die UniCredit ihren Sitz und Börsennotiz in Mailand behalten würde, schrieb das britische Blatt.

Vorentscheidung am Wochenende?

Für die italienische Bank wäre es auch eine Option, um ihre zuletzt schwächelnde deutsche Dependance wieder aufzuwerten. Eine die UniCredit beratende Person sagte der "FT": "Diese Kombination hätte für Deutschland Sinn." Man könnte es als "nationalen Champion" verkaufen.

Aus Sicht der Marktbewertung wäre eine Commerzbank-Übernahme für die UniCredit leichter zu stemmen als für die Deutsche Bank. Die UniCredit-Aktie gehört zwar seit der Finanzkrise - neben den Anteilen der Deutschen Bank und der Commerzbank - zu den größten Verlierern unter den europäischen Banktiteln. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 27 Milliarden Euro bringt sie allerdings rund 11 Milliarden Euro mehr auf die Waage als die Deutsche Bank. Die Commerzbank ist an der Börse derzeit rund 9 Milliarden Euro wert.

Der seit 2016 amtierende UniCedit-Chef Jean Pierre Mustier hatte zuletzt mit den Altlasten aufgeräumt, der Bank eine Rosskur verordnet und das Kapital erhöht. Seitdem ist sie trotz der politischen Krise wieder in ruhigerem Fahrwassern und kam anders als die beiden deutschen Institute im vergangenen Jahr auf einen Milliardengewinn.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing und Commerzbank-Vorstandschef Martin Zielke hatten betont, die Gespräche über einen Zusammenschluss ergebnisoffen zu führen. Berichten der "Wirtschaftswoche" und der "Süddeutschen Zeitung" (SZ) zufolge will aber vor allem die Commerzbank das Thema wieder schnell vom Tisch haben. So schreibt die "SZ" ebenfalls am Donnerstag, dass es bereits an diesem Wochenende eine Vorentscheidung geben könnte. Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" eine solche Entscheidung auf kommenden Dienstag (9. April) angesetzt. Am kommenden Dienstag tagt im übrigen auch der Verwaltungsrat der UniCredit.

Deutsche Bank bräuchte Milliarden

Neben den Diskussionen über den großflächigen Jobabbau - hier reichen die Schätzungen auf bis zu rund 40.000 der zuletzt insgesamt rund 133.000 Vollzeitstellen - steht den Verhandlungen der mögliche Kapitalbedarf der Deutschen Bank im Fokus. Einige Analysten gehen von einem zweistelligen Milliardenbetrag aus. Solch eine Summe dürfte aber für die Bank angesichts des stark angekratzten Vertrauens und der heftigen Kursverluste der vergangenen Monate und Jahre kaum aufzutreiben sein.

In der "SZ" hieß es dazu unter Berufung auf einen Insider: Eine Kapitalerhöhung von 10 Milliarden Euro sei praktisch unmöglich, weil dies den Anteil der Altaktionäre viel zu stark verwässern würde. Drei Milliarden könnte man dagegen vergleichsweise leicht von Investoren bekommen, sagte der Insider, der den Angaben zufolge an den Verhandlungen beteiligt ist. Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge wehrt sich bereits das arabische Emirat Katar gegen eine umfangreiche Kapitalerhöhung. Die Bedeutung des Emirats als Großaktionär der Deutschen Bank würde in einem solchen Fall schrumpfen.

Analysten sind kritisch

Die Informationen über ein mögliches Angebot aus Italien kommen freilich auch zu einem interessanten Zeitpunkt. Erst gestern Mittwoch war durchgesickert, dass Deutsche Bank und Commerzbank offenbar unterschiedliche Vorstellungen über Dringlichkeit und Tempo der Gespräche über einen Zusammenschluss haben. Andere Quellen erwarten aber, dass schon am Wochenende eine Vorentscheidung stehen könnte.

UniCredit besitzt mit der Bank Austria die größte Bank in Österreich. Das frühere Ostgeschäft der Bank Austria ressortiert mittlerweile nach Mailand. Die Italiener sind auch im deutschen Bankenmarkt seit Jahren eine wichtige Größe, nachdem sie die HVB (und im Paket die Bank Austria) vor bald eineinhalb Jahrzehnten für 15 Milliarden Euro gekauft haben. Seitdem ist die Bank in Deutschland kräftig geschrumpft: Beteiligungen wurden verkauft, das Filialnetz auf etwa die Hälfte eingedampft und zahlreiche Jobs gestrichen. Ihre nationalen Ambitionen hat die HVB - einst die zweitgrößte Privatbank des Landes - im Privatkundengeschäft längst aufgegeben. Sie konzentriert sich auf ihre angestammten Regionen in Bayern und rund um Hamburg.

Analysten sehen in einer ersten Einschätzung eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch UniCredit kritisch. "Ein solcher Deal könnte zwar mehr Sinn machen, als zwei strauchelnde Banken in Deutschland zusammenzubringen, aber es würden einige signifikante Hürden bestehen", sagte Marktanalyst Michael Hewson vom Brokerhaus CMC Markets. Vor allem für die Italiener wäre eine solche Milliarden-Transaktion mit hohen Risiken verbunden. Die von der "FT" berichtete Struktur eines Deals zwischen UniCredit und Commerzbank klinge komplex und suboptimal, da es schwer sei, Synergieeffekte auszumachen und eine Rest-Unsicherheit bezüglich der regulatorischen Kapitalvorschriften.

(APA/Reutres/dpa-AFX/dpa)

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