"Verrückt": Doskozil kritisiert Helikopter-Kauf unter Sobotka

Archivbild: Wolfgang Sobotka und Hans Peter Doskozil
Archivbild: Wolfgang Sobotka und Hans Peter Doskozil APA/ROLAND SCHLAGER
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Die SPÖ-ÖVP-Regierung hat Airbus 2017 verklagt. Sobotka war damals Innenminister - und ließ trotzdem sechs Hubschrauber von eben jener Firma anschaffen. Ex-Verteidigungsminsiter Doskozil findet das Vorgehen „bedenklich", Sobotka rechtfertigt sich.

Auf einen aus ihrer Sicht höchst bedenklichen Beschaffungsvorgang der Republik haben die Neos am Donnerstag aufmerksam gemacht: Wenige Tage vor dem Regierungswechsel im Dezember 2017 - aus Rot-Schwarz wurde Türkis-Blau - bestellte das Innenministerium demnach unter Wolfgang Sobotka (ÖVP) freihändig sechs Airbus-Hubschrauber. "Das ist eine Riesensauerei", sagte Neos-Mandatar Michael Bernhard.

Denn: Rot-Schwarz hatte Airbus Anfang 2017 verklagt. Sobotka war Teil dieser Regierung und bestellte dennoch weitere Airbus-Eurocopter - ohne Ausschreibung. Konkret wurden am 5. Dezember 2017 vier zweimotorige Hubschrauber um 24,49 Millionen Euro und zwei einmotorige Modelle um 6,66 Millionen Euro geordert. Zwei davon sind bei der Luftfahrtbehörde registriert, die restlichen sollen heuer folgen.

Rechtlich dürfte das Vorgehen zwar gedeckt sein, heißt es von den Neos, dennoch zeigen sie sich erbost: Man sitze derzeit im U-Ausschuss zur Eurofighter-Affäre (dessen Vorsitz Sobotka als nunmehriger Nationalratspräsident innehat) und überlege, wie man Airbus von weiteren Ausschreibungen der Republik ausschließen könne, ohne dass je ein Wort über die Beschaffung gefallen sei. Eine Kritik, der sich Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) umgehend anschloss: Vor dem Hintergrund der damaligen Anzeige gegen Airbus ein Geschäft in dieser Dimension zu machen, "da glaube ich, kann nur jedermann den Kopf schütteln", sagte Doskozil, der von Jänner 2016 bis Dezember 2017 als Verteidigungsminister fungierte. "Ich habe das heute zum ersten Mal erfahren, dass es diese Beschaffung gegeben hat 2017."

Doskozil: "Das versteht kein normal denkender Mensch"

Außerdem, so Doskozil: "Was ich schon sehr, sehr bedenklich finde, ist, wenn die Republik auf der einen Seite durch diese Anzeige gegen Eurofighter und gegen Airbus glaubt, von diesem Unternehmen und Konzern betrogen worden zu sein, und auf der anderen Seite Geschäfte in dieser Dimension mit Airbus macht - im wahrsten Sinne des Wortes, das ist verrückt", sagte Doskozil: "Das versteht auch kein normal denkender Mensch mit Hausverstand."

Um solche Geschäfte zu machen, gebe es beim Budgetverbrauch gewisse Spielregeln: Da brauche man keinen anderen Ressortkollegen informieren - "das hat er (Sobotka, Anm.) tatsächlich nicht gemacht, wir haben auch niemals darüber gesprochen. Aber was er schon braucht, ist das Einverständnis und die Zustimmung des Finanzministers. Die muss es offensichtlich zum damaligen Zeitpunkt gegeben haben, sonst hätte er diese Verträge nicht machen können", meinte Doskozil.

Sobotka und Innenministerium betonen korrektes Vorgehen

Mit Unverständnis reagierte Sobotka auf die erhobene Kritik: "Der gesamte Vergabevorgang erfolgte auf Grundlage des Bundesvergabegesetzes und war die wirtschaftlichste und für die Sicherheit zweckmäßigste Lösung", teilte sein Sprecher mit. "Der gesamte Vergabeprozess erfolgte unter Einbindung der Finanzprokuratur." Überdies sei der Ankauf von Hubschraubern für das Innenministerium nicht Gegenstand des Eurofighter-U-Ausschusses, ließ er in Richtung Neos ausriochten.

Aus dem mittlerweile freiheitlichen Innenministerium hieß es, dass der Kauf nach den Terroranschlägen in Frankreich 2015 in einem Sicherheitspaket beschlossen worden war. Es handle sich dabei sich um eine Nachbeschaffung bereits bestehender Hubschraubertypen. Dazu habe es ein Verhandlungsverfahren nach dem Bundesvergabegesetz und eine EU-weite Bekanntmachung des vergebenen Auftrags gegeben, was bereits 2017 erfolgte sei. Die offizielle Übergabe der Hubschrauber werde voraussichtlich noch heuer erfolgen.

(APA/Red.)

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