Schon in drei Jahren sollen hierzulande Flugtaxis den städtischen Verkehr entlasten. Die FACC ist mit dem chinesischen Partner EHang im internationalen Wettstreit vorne dabei.
Die Südost-Tangente ist wie immer verstopft, der Gürtel überlastet und die Innenstadt teilweise gesperrt: Was heutzutage in Wien ärgerlicher Alltag ist, könnte Bewohnern der Bundeshauptstadt, die etwa rasch zum Flughafen wollen, in ein paar Jahren nur ein müdes Lächeln entlocken. Denn mit einem Flugtaxi ist es nur ein Katzensprung zum Airport.
Fliegende Autos: Was uns der Science-Fiction-Kultklassiker „Blade Runner“ für 2019 versprach (in diesem Jahr spielt der 1982 gedrehte Film) ist „nicht Zukunftsmusik, sondern Realität“, sagt Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Denn solche Vehikel gibt es schon, zumindest als Prototyp. Ein Modell feierte am Donnerstag inklusive kurzer Flugmöglichkeit Europapremiere in der Wiener Generali-Arena.
Weltweit basteln große Konzerne wie Airbus und Boeing und etliche kleine Hightech-Schmieden an Fluggeräten, mit denen sie den Markt für „Urban Air Mobility“ erobern wollen. Österreich ist ganz vorne mit dabei: Die elektrisch betriebene Drohne EHang 216, die zwei oder vier Passagiere oder auch Lasten mit einer Geschwindigkeit bis zu 130 Stundenkilometern und einer Reichweite von rund einer halben Stunde (35 Kilometer) befördern kann, wird vom Flugzeugzulieferer FACC gebaut. Entwickelt wurde das Gefährt vom chinesischen Start-up EHang, mit dem die FACC eine Kooperation hat. Dritter Allianz-Partner ist ProSiebenSat.1Puls4.
„Flugtaxis werden alles ändern und die Verkehrsprobleme in Städten schlagartig lösen“, zeigte sich der Fliegereiaffine Minister (er besitzt selbst den Flugschein) begeistert. Damit Österreich Vorreiter auf diesem Gebiet werde, versprach Hofer auch, sich kräftig bei der komplizierten Zertifizierung und Reglementierung ins Zeug zu legen. Deshalb gebe es schon intensive Kontakte zur Austro Control und der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA).
„Die Technik ist nicht das Problem, der Knackpunkt ist die Aufstellung weltweit gültiger Regeln für den Betrieb dieser Geräte, wie sie jetzt in der Luftfahrt gelten“, betonte FACC-Boss Robert Machtlinger im Gespräch mit der „Presse“. Letztlich müsse man aber auch die Menschen von den Vorteilen dieses technologischen Quantensprungs überzeugen und ihnen Ängste nehmen“, verweist er auf die Anfänge der Eisenbahn und des Automobils.
Firmen als Betreiber
Natürlich könne nicht jeder beliebig herumfliegen. Machtlinger schweben Betreibermodelle vor, etwa von Fluglinien, Airports, oder auch Busgesellschaften, die solche „Autonomous Aerial Vehicles“ (AAV) anbieten. Quasi ein „Flug-Uber“ also. Denn ein Trip soll auch erschwinglich sein – den Preise für die Strecke vom New Yorker Flughafen JFK nach Manhattan schätzt er auf 50 bis 85 Dollar.
Derrick Xiong, Co-Gründer von EHang, rechnet sich gute Chancen aus, im internationalen Wettstreit vorne mitmischen zu können. „Wir haben schon 7000 Testflugstunden absolviert, davon 2000 mit Menschen an Bord.“ Das Unternehmen, das erst vor fünf Jahren in Guangzhou eigens zur Entwicklung eines autonom fliegenden und elektrisch betriebenen Flugtaxis gegründet worden ist, beschäftigt inzwischen 300 Ingenieure und Techniker.
Die Prognosen sind jedenfalls optimistisch: Bis 2050 soll es drei Millionen Flugtaxis weltweit geben, prophezeit die deutsche Unternehmensberatung Horvath. Pioniere des Regelbetriebs werden Großstädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern sein. Mit einem Wort: der Start dürfte in Asien erfolgen, ansonsten dürften New York und London früh auf das neue Verkehrsmittel setzen, heißt es in der Studie. Womit Passagierdrohnen auch einen wesentlichen Beitrag zur Schadstoffreduktion liefern könnten.
Was den Lärm betrifft, gibt es – wie auch der gestrige Testlauf gezeigt hat – allerdings noch Verbesserungsbedarf.
Machtlinger schätzt, dass schon 2025 rund 3000 Flugtaxis im Einsatz sein könnten. Dann will die FACC 1500 bis 2000 Stück pro Jahr bauen – wahrscheinlich in einer eigenen Fabrik. Ein EHang 216 soll rund 300.000 Dollar kosten – weniger als ein Kleinflugzeug.
„Wenn ich in der Hofburg bin“
Und wann wird in Österreich der Serienbetrieb starten? Verkehrsminister Hofer ließ mit seiner Antwort keinen Zweifel an seinen künftigen Ambitionen abseits der Verkehrspolitik: „Wenn ich in der Hofburg sitze.“ 2022 finden bekanntlich die nächste Bundespräsidentenwahl statt. Vorerst geht es aber um die Auswahl eines Testgeländes. Dem Vernehmen nach sind zwei Regionen im Rennen. Laut Hofer soll es bis Jahresende eine Entscheidung geben.