Fiskalrat-Präsident Gottfried Haber erklärt, was er sich von der Steuerreform der Regierung erwartet, warum eine verpflichtende Pflegeversicherung ein richtiger Schritt wäre, und wie man das Pensionssystem reformieren könnte.
Die Presse: Der Fiskalrat hat schon Ende 2018 ein Nulldefizit vorhergesagt, das Finanzministerium hat damals dementiert und die Rechnung als falsch bezeichnet. Wie zufrieden waren Sie denn, als die Abrechnung von 2018 sogar einen Budgetüberschuss ergab?
Gottfried Haber: Man kann Prognosen nicht so genau machen. Ein paar Millionen – bei allem Respekt vor solchen Summen – spielen bei einem Milliardenbudget eine kleine Rolle. Wenn man nahe bei null ist, kann es leicht Abweichungen nach unten oder nach oben geben.
Der Bund selbst hat ja zum Staatsüberschuss im vergangenen Jahr wenig beigetragen, da blieb es bei einem Defizit.
Der Bund hat das Defizit im Vergleich zur Vergangenheit immerhin reduziert, das war auch richtig und wichtig. Österreich war bei der Budgetdisziplin im Spitzenfeld in Europa. Es gab auch strukturelle Maßnahmen – wie etwa die Rücknahme von konjunkturbelebenden Maßnahmen, die nicht mehr notwendig waren –, die sich positiv auf das Budget ausgewirkt haben.
Aber die Abgabenquote ist im vergangenen Jahr nicht gesunken, sondern auf 42,8 Prozent sogar gestiegen.
Ja, nach den vorläufigen Zahlen um etwa 0,4 Prozentpunkte, weil die Steuereinnahmen aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung höher waren als geplant. Das langfristige Ziel geht in Richtung einer Senkung der Quote. Das ist keine ideologische Frage, sondern es geht auch um die Wettbewerbsfähigkeit. Es ist also im Interesse des Staates – vorausgesetzt, die Kriterien des Stabilitätspaktes in Hinblick auf Defizitgrenzen und Schuldenstand werden eingehalten. Das hat für uns als Fiskalrat oberste Priorität.