Wanderscheinung: Vertikale Wohnkonzepte

Aufnahmefähig. „Frame“ von Northern ist flach wie ein Bild. Oder ragt in den Raum.
Aufnahmefähig. „Frame“ von Northern ist flach wie ein Bild. Oder ragt in den Raum.(c) Chris Tonnesen
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Die Wände halten die Wohnung zusammen. Aber dienen auch als Projektionsfläche der Ideen.

Wände sind ja nur der Rahmen. Vier braucht man mindestens, und eigene noch dazu, so die Vermutung. Dann hat man ansatzweise schon ein Zuhause. Dort sind die Wände dann die Bühnenarchitektur für alles, was zwischen ihnen passiert und man vielleicht in Szene setzen will. Noch dazu halten sie die Decke vom Boden fern und zeigen deutlich, wo der Gestaltungsfreiraum daheim auch wirklich endet. Denn selbst bei den offensten der offenen Wohnkonzepte: Irgendwo steht sie dann doch, die Wand. Und diese kann man nicht nur bekleben und bemalen lassen vom Wandillustrator des Vertrauens. Sondern auch bespielen mit den Gestaltungsideen der Designer, die für Möbel zuständig sind.

Die Wandleuchte etwa: Diese darf das Thema Wand auch gern einmal ernster nehmen als die konventionelle Tischleuchte den Tisch. Selbst die Deckenleuchten implizieren Decken hauptsächlich, weil sie eben von oben herab leuchten, so wie man es von der Sonne gewohnt ist. Denn auf Augenhöhe ist sie nur an extremen Tagesrandzeiten.

Lichtspiele. ­
Lichtspiele. ­(c) Magnus Johansson

Manche Leuchtenkonzepte nutzen dagegen die vertikalen Flächen auch nicht nur zum Leuchten, sondern ebenso zum Wirken. Wie ein Entwurf des italienischen Designduos Formafantasma etwa. Der Hersteller Flos ließ sich auf diese Idee eines Studios ein, dessen Zugang stets eher der experimentelle war. Der „Wirering" beleuchtet seine Umgebung zwar, aber schafft gleichzeitig auch Intimität. Weil er ebenfalls feine Schatten wirft, geometrische Linien – an die Wand. Ein Entwurf, schlau und schön zugleich: Ein LED-Streifen auf einem Ring, dazu ein Kabel, das im Gegensatz zu den meisten Kabeln anderer Leuchten sich nicht beschämt versteckt, sondern offensiv zeigt, wo denn die Energie so herkommt.

Wandlage. Die „Wall Jewellery" des französischen Herstellers Lignet Roset schmückt dagegen den Raum nicht mit Schatten- und Lichtspiel. Sondern mit dem Licht, das auf einen selbst zurückfällt, in Form von Reflexion. Fünf verschiedene bronzegetönte Spiegel in verschiedenen Größen geben dabei dem Selbstbild einen Rahmen. Und die sind so elegant ausgefallen, dass sie den Raum noch schmücken würden, auch wenn man sich gerade nicht in den Spiegel schaut.

Vielseitig. Die Müller Möbelwerkstätten widmen sich auch den Möbelhybriden an der Wand: „Twofold".
Vielseitig. Die Müller Möbelwerkstätten widmen sich auch den Möbelhybriden an der Wand: „Twofold".(c) Beigestellt

Auch die Designer und Tüftler der deutschen Müller Möbelwerkstätten widmen den vertikalen Flächen zuhause besondere Aufmerksamkeit. Da kommen plötzlich auch in den etwas enger bemessenen Wohnkontexten ein paar Quadratmeter Nutzfläche hinzu. Vor allem wenn man den wertvollen Flächen hybride Lösungen anvertraut. So erweist sich „Twofold" an der Wand einmal als Bücherregal und bei Bedarf plötzlich auch als Wandsekretär. Noch flacher ausgefallen in der Kollektion: der „Flatframe", der an der Wand alles Wichtige im Homeoffice deutlich einrahmt in weiß lackiertem Holz und sich im Ernstfall auch zum Schreibplatz ausklappen lässt.

Ist das Kapitel horizontal vollendet, hat der Schreibtisch wieder seine Schuldigkeit getan, wird er wieder zu dem, was er vorher war: ein Stückchen Wand, nicht mehr. Flach macht sich auch ein Entwurf des Herstellers „Northern", wenn er nichts zu tun hat, außer so vor sich hinzuhängen. Wie ein Rahmen ohne Bild. Nur dass dieses Stück mit seinen grafischen Linien selbst zum Bild gerät. Wenn man ihn braucht, entfaltet er dann seine räumlichen Qualitäten: Um auf ihn Kleidung zu hängen. Trocken. Oder nass, wenn sie einmal aus der Waschmaschine kommt.

Wandschmuck. Die Spiegel „Wall Jewellery“ von Lignet Roset wollen auch dekorieren.
Wandschmuck. Die Spiegel „Wall Jewellery“ von Lignet Roset wollen auch dekorieren.(c) Beigestellt

Dass sich ein Konzept an das andere anlehnt, ist nicht unüblich im Wohndesign. Eher unkonventionell dagegen: Konzepte, die sich an die Wand anlehnen. So wie eine Leiter. Oder genauer: eine Buchleiter. Der Hersteller Swedese nützt die Wand als Stütze seiner Entwurfsidee: „Libri" heißt die Kollektion, in der sich auch ein Sekretär mit kombiniertem Bücherregal Halt an der Wand holt.

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