Ist der aber herzig

(c) Carolina Frank
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„Ja, was bist denn duuu für ein Lieber, und so flauschig", sagt die Frau, die uns auf der Straße entgegenkommt, recht ansatzlos.

„Ja, was bist denn duuu für ein Lieber, und so flauschig", sagt die Frau, die uns auf der Straße entgegenkommt, recht ansatzlos. Und da ich mit dem Jüngsten und dem Hund unterwegs bin, bin ich kurz unsicher, wer denn gemeint ist (nur dass ich es nicht bin, ist gleich klar). Um es kurz zu machen: Natürlich ist der Hund gemeint gewesen. Von den vielen frappierenden Erkenntnissen, die sich nach nicht einmal einem halben Jahr mit Hund einstellen, steht eine an der Spitze: Die meisten Menschen mögen Hunde lieber als Kinder. Und sie sind den Tieren gegenüber viel toleranter als den kleinen Menschen. Jetzt verstehe ich natürlich die Begeisterung, weil unser Hund natürlich schon der liebste auf der ganzen Welt ist, was auch jedem gleich auffallen muss, allerdings: Der Jüngste ist auch das liebste Kind der Welt, und, auch wenn ich nicht völlig objektiv bin, natürlich noch viel, viel lieber, als der Hund je sein könnte. Was besonders erstaunlich ist: Nimmt man einen ruhigen, folgsamen, sauberen Hund und ein lautes, quengelndes, tobendes Kind, kann man diese Tier-vor-Mensch-Präferenz ja noch irgendwie verstehen. Na ja, eigentlich nicht. Wenn aber der Hund waschelnass und saudreckig mit Anlauf bellend diese fremde Frau auf der Straße anspringt, hält man von berechtigter Entrüstung über das Nachschicken einer Putzereirechnung bis hin zum Rufen der Polizei alles für möglich. Stattdessen aber ist ein „Ist der aber herzig" nur undeutlich zu verstehen, weil sich die Betroffene gerade entzückt das Gesicht abschlecken lässt. Aber wehe, lärmende Kinder schießen im Park unerlaubt einen Ball durch die Gegend. Wir sind inzwischen weitergegangen. Was habe ich für ein Glück, denke ich mir, gleich mit dem liebsten Kind und dem liebsten Hund unterwegs zu sein!

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