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Falschaussage von Janßen beim KH Nord?

Symbolbild KH Nord.
Symbolbild KH Nord.(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Der gefeuerte KAV-Generaldirektor soll unter Wahrheitspflicht „tatsachenwidrig“ ausgesagt haben, wie dessen Vorgänger, Wilhelm Marhold, am Freitag sagt. Ex-Gesundheitsstadträtin Wehsely würde „alles wieder so machen".

Wien. In jenem Ausschuss, der die politische Verantwortung für das Fiasko beim Bau des Milliardenprojekts Krankenhaus Nord untersucht, ließ Wilhelm Marhold, früherer Generaldirektor des städtischen Spitälerkonzerns KAV, aufhorchen. Sein Nachfolger, Udo Janßen, hätte vor der Kommission „tatsachenwidrig ausgesagt“, erklärte Marhold, der am Freitag bereits zum zweiten Mal als Zeuge vor der Kommission aussagen musste, mit merkbarer Empörung.

 

Brisantes Schreiben

Der Hintergrund? Janßen hatte ausgesagt, er hätte am 1. November 2014 das Projekt übernommen; nachdem Marhold am 30. April 2014 ausgeschieden war. Damit suggerierte Janßen: Er trage keine Verantwortung für das Entgleisen des Projekts, das betreffe alles die Zeit vor ihm, also unter Marhold.

Unangenehm für Janßen: Marhold legte am Freitag ein offizielles Protokoll vor, das seinen Nachfolger in Bedrängnis bringt. Marhold schied laut diesem offiziellen Schreiben bereits am 12. Dezember 2013 aus und übertrug sämtliche Funktionen mit diesem Tag an Janßen, der damals bereits Marholds Stellvertreter war. „Das Projekt ist zum Zeitpunkt meines Ausscheidens am 12. Dezember 2013 im Kosten- und Zeitplan gelegen“, zitierte der frühere KAV-Chef aus dem damaligen Sitzungsprotokoll des Aufsichtsgremiums – das Schreiben Marholds ging auch an die damals zuständige Gesundheitsstadträtin, Sonja Wehsely.

Das bedeutet: Janßen hatte das Projekt fast ein Jahr früher übernommen, als er unter Wahrheitspflicht vor der Untersuchungskommission ausgesagt hatte. Damit fällt die Problematik mit dem Konkurs der Fassadenfirma, die das Projekt in Schieflage brachte, weil nicht adäquat darauf reagiert wurde, in die Zeit von Janßen und dessen Stellvertreter, Thomas Balazs. Letzterer wurde sogar wenige Tage, bevor sein Vertrag damals ausgelaufen wäre, de facto gefeuert, wie in einer Sitzung der U-Kommission bekannt wurde. Über die Gründe dafür herrscht Stillschweigen.

Weiters zitierte Marhold eine Kostenschätzung der begleitenden Kontrolle im November 2013, also direkt bevor Janßen übernahm: Im besten Fall würde das Spital 814Millionen Euro kosten, im schlechtesten Fall 838 Millionen Euro – ohne Berücksichtigung von Baukostenindex und Finanzierungskosten. Danach übergab Marhold das Projekt Janßen – er wurde später gefeuert, heute steht der Kostenrahmen bei fast 1,4 Milliarden Euro.

 

Janßen und Balazs „zu schwach“

Wo sieht Marhold den Grund, dass das Projekt entgleist ist? Wieder war zu hören, dass der Hinauswurf von Marholds Stellvertreter, Maximilian Koblmüller, durch Gesundheitsstadträtin Wehsely für das Projekt äußerst negativ war – nachdem Koblmüller bis zu seiner Demontage durch Wehsely das Milliardenprojekt als zuständiger Manager auf Kurs gehalten hatte. In seiner ersten Zeugenaussage hatte Marhold für die Nichtverlängerung des Vertrags Koblmüllers drastische Worte gebraucht: „Dem Projekt wurde der Kopf abgeschlagen“, hatte Marhold gemeint.

Als Beweis nannte der frühere KAV-Chef am Freitag, „dass die Stadt im Jahr 2014 die Bauherrnrolle des KAV verstärken musste, als klar war, dass Janßen und Balazs laut begleitender Kontrolle zu schwach waren“. Dazu kommt: Bei dem Konkurs der Fassadenfirma hatte Koblmüller, der damals noch einen Beratervertrag mit dem KAV hatte (auf den Janßen aber nicht zurückgriff), gefordert: Der KAV soll die Fassadenteile, die in einem Lager standen, aufkaufen, um der Firma zu ermöglichen weiterzubauen. Marhold: „Es ist mir unverständlich, dass man diesem Vorschlag nicht nachgekommen ist.“ Die Folge: Es wurde mit dem Innenausbau begonnen, obwohl die Fassade nicht dicht war – was zu Wasserschäden und Schimmel durch Regen im KH Nord führte.

Wehsely verteidigt sich

Stunden nach Marhold gab es am Freitagabend beim Eingang zum Sitzungssaal ein Blitzgewitter – zahlreiche Fotografen drängten sich um die besten Bilder von Sonja Wehsely. Denn die Ex-Gesundheitsstadträtin musste ebenfalls zum zweiten Mal vor die Kommission treten, um noch offene Fragen und Widersprüche zu erklären. Dass Wehsely ihre Befragung mit einem äußerst robusten Selbstvertrauen bestreiten wird, war schon vor ihrer Einvernahme klar. Auf die Frage von Journalisten nach ihrer politischen Verantwortung bei dem Spitalsfiasko überraschte sie mit der Aussage: „Ich übernehme gerne die Verantwortung für das modernste Spital Europas, das morgen seine Pforten öffnet und Spitzenmedizin für alle Wienerinnen und Wiener bietet.“ Damit spielte Wehsely auf den Tag der offenen Tür an, der am heutigen Samstag im KH Nord stattfindet.

Vor der Kommission zeigte sich Wehsely kampflustig und lieferte sich Wortgefechte mit Kommissionsmitgliedern und Vorsitzenden. Angesprochen auf die Probleme verteidigte sie vehement ihr Vorgehen samt allen Entscheidungen: „Ich würde es heute genauso wieder machen“, erklärte sie mehrfach auf Fragen wie beispielsweise zu Personalentscheidungen für Udo Janßen. Also jenen Manager, der wegen den Problemen beim KH Nord gefeuert werden musste.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2019)