Netanyahu will Annexion israelischer Siedlungen im Westjordanland

Benjamin Netanyahu
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"Ich werde nicht eine einzige Siedlung räumen. Und ich werde natürlich dafür sorgen, dass wir das Gebiet westlich des Jordans kontrollieren", sagt der rechtskonservative Ministerpräsident Israels.

Angesichts des erwarteten knappen Wahlausgangs in Israel versucht Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, noch stärker am rechten Rand zu punkten. Wenige Tage vor der Parlamentswahl versprach er am Samstag eine Annexion jüdischer Siedlungsgebiete im Westjordanland.

Dies dürfte ein endgültiges Aus für die internationalen Bemühungen um eine Zweistaatenlösung bedeuten. Palästinenser warfen der Weltgemeinschaft vor, Israels "schamlose" Verstöße gegen internationales Recht zu dulden.

Er werde in dem Palästinensergebiet israelische "Souveränität" ausüben und dabei keinen Unterschied zwischen ganzen Siedlungsblöcken und isolierten Siedlungen machen, sagte Netanyahu in einem Fernsehinterview. Sein Hauptkonkurrent bei der Wahl am Dienstag, der ehemalige Generalstabschef Benny Gantz, wollte die Äußerungen Netanyahus nicht kommentieren.

In einem weiteren Interview am Freitag hatte Netanyahu gesagt, er sei nicht bereit, für einen künftigen Friedensplan Siedlungen im Palästinensergebiet zu räumen. Er habe US-Präsident Donald Trump gesagt, "dass es keine Auflösung auch nur einer einzigen Siedlung geben sollte", sagt er. "Nicht eine einzige Person" solle gehen müssen.

Derzeit leben mehr als 400.000 Siedler im seit 1967 besetzten Westjordanland und weitere 200.000 im von Israel annektierten Ost-Jerusalem. Die UNO betrachtet sämtliche israelische Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten als illegal. International wird der israelische Siedlungsbau als eines der größten Hindernisse für eine dauerhafte Friedenslösung im Nahost-Konflikt angesehen, weil die Wohnungen auf Land errichtet wurden, das die Palästinenser für ihren Staat beanspruchen.

Der ranghohe Palästinenservertreter Sajeb Erakat nannte Netanyahus Äußerungen "nicht überraschend". Israel werde "solange schamlos internationales Recht verletzen", wie die internationale Gemeinschaft und insbesondere die US-Regierung das Land "mit Straffreiheit belohnt", schrieb Erakat im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Cavusoglu: "Verantwortungslos"

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu schrieb am Sonntag bei Twitter, die Pläne Netanyahus seien "verantwortungslos". Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan twitterte, der Vorschlag sei ein weiterer Beleg dafür, wie Netanyahu die Zweistaatenlösung untergrabe.

Es wird erwartet, dass die USA in den Wochen nach der Wahl in Israel einen neuen Nahost-Friedensplan vorlegen. Die Palästinenser wollen die USA aber nicht als Vermittler akzeptieren, da sie Washington vorwerfen, voreingenommen zu sein.

US-Präsident Trump hat die Palästinenser seit seinem Amtsantritt bereits mehrfach brüskiert. Unter anderem erkannte er Jerusalem als Hauptstadt Israels an und ordnete an, die bisher in Tel Aviv ansässige US-Botschaft dorthin zu verlegen. Zudem erkannte Trump die israelische Annexion der syrischen Golan-Höhen an.

Netanyahu strebt bei der Wahl am Dienstag eine fünfte Amtszeit als Ministerpräsident an. Umfragen sagen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Netanyahus konservativer Likud-Partei und dem Zentrumsbündnis Blau-Weiß mit seinem Spitzenkandidaten Gantz voraus. Trump, der enge Beziehungen zu Netanyahu unterhält, wollte am Samstag keine eindeutige Wahlprognose abgeben. Er sprach von einem "engen" Rennen zwischen "zwei guten" Kandidaten.

Netanyahu droht wegen verschiedener Korruptionsvorwürfe eine Anklage. Mitten im Wahlkampf hatte die Generalstaatsanwalt angekündigt, den Regierungschef wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Vertrauensmissbrauchs in drei Fällen anzuklagen.

(APA/dpa)

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