Das Marathon-Festival der Rekorde

36. VIENNA CITY MARATHON
36. VIENNA CITY MARATHONAPA/HANS PUNZ
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Vincent Kipchumba aus Kenia gewann den 36. VCM. Nancy Kiprop lief Streckenrekord – und Lemawork Ketema neuen ÖLV-Rekord.

Wien. Bei für einen Marathon idealen neun Grad lief der Pulk der Topathleten pünktlich um 8:58 Uhr los. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt wissen, dass der 36. Vienna City Marathon etwas mehr als zwei Stunden später zu einem Festival der Rekorde werden würde. Die Liste der angeführten Bestleistungen ist lang und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Neuer Damenstreckenrekord (vier der besten sechs Damen erzielten neue Bestleistungen), zweitbeste, je in Wien gelaufene Zeit bei den Herren, acht Bestleistungen unter den 13 Topläufern sowie ein neuer österreichischer Marathonrekord.

Aber alles der Reihe nach. Das Topfeld bei den Herren lief mit einem Kilometerschnitt von drei Minuten los, bei der Halbmarathondistanz waren die Läufer mit Kurs auf 2:06 Stunden unerwartet und erfreulich schnell unterwegs. Im Prater zog dann der Schweizer Favorit Tadesse Abraham das Tempo an und ließ die noch immer aus elf Läufern bestehende Spitzengruppe langsam auseinanderbröckeln. Doch der laut Papierform geringer eingeschätzte Kenianer Vincent Kipchumba setzte sich bei Kilometer 38 ab – und landete einen Überraschungssieg. Noch unerwarteter war seine Endzeit von 2:06:56 Stunden, die zweitschnellste, jemals in Wien erzielte Marathonzeit. Aber auch Abraham war im Ziel mit seiner Leistung sehr zufrieden. „Meine zweitbeste, je gelaufene Marathonzeit“, erklärte der Vize-Europameister.

Ohne Tempomacher ab Kilometer 25

Nicht weit dahinter sorgte Lemawork Ketema in einer dramatischen Entscheidung mit 2:10:44 Stunden für eine neue ÖLV-Bestmarke. Der 33-Jährige verbesserte den zehn Jahre alte Rekord von Günther Weidlinger um drei Sekunden. Selbstbewusst hatte der gebürtige Äthiopier vor dem Lauf das Olympialimit von 2:11:30 Stunden in Aussicht gestellt, nicht viele hatten daran geglaubt.

Doch Ketema war sich seiner Sache ziemlich sicher, und hätte bei optimalem Rennverlauf wohl sogar die Marke von 2:10 Stunden geknackt. Aber zum einen waren seine beiden Tempomacher sehr früh bei Kilometer 25 ausgestiegen – Ketema musste die letzten 17 Kilometer ein Solorennen laufen. Zum anderen hatte er bei Kilometer 30 und 35 seine Trinkflasche nicht bekommen. Dennoch war er am Ende höchst zufrieden. „Es war unglaublich schön, ich bin heute sehr, sehr glücklich, es ist wunderbar“, so der neue Rekordhalter.

Auch Valentin Pfeil sorgte als zweitbester Österreicher für ein Highlight. Er drückte in 2:12:55 Stunden seine Bestzeit aus dem Jahr 2017 um fast zwei Minuten, nachdem er zwei Jahre mit Problemen gekämpft hatte. „Heute ist es endlich aufgegangen“, jubelte der nun fünftbeste Marathonläufer Österreichs der Geschichte. „Ein fast idealer Marathon, nur der Zeitpunkt, an dem es wehgetan hat, hätte vier Kilometer später kommen können“, sagte Pfeil lächelnd.

Hattrick für Nancy Kiprop

Weniger erfreut waren nach den 42 Kilometern zwei andere Mitglieder des VCM Team Austria, Peter Herzog und Christian Steinhammer. Während Letzterer nach 30 Kilometer wegen eines Krampfes aufgeben musste, verfehlte der Salzburger Herzog nach einer durchwachsenen Vorbereitung mit 2:16:16 Stunden seine persönliche Bestleistung um 47 Sekunden. Für ÖLV-Sportkoordinator Hannes Gruber ist das Konzept des Marathoneliteteams bisher dennoch voll aufgegangen. „Die Story wird noch weitergehen“, denkt Gruber schon an die Leichtathletik-EM 2022, bei der Österreich eine Teammedaille zu verteidigen hat.

Das sportliche Glanzlicht setzte allerdings eine Läuferin. Nancy Kiprop, 39, gewann mit neuem Streckenrekord das Rennen in Wien zum dritten Mal in Serie. Die Kenianerin, die sich mit ihrem Tempomacher früh von ihren Konkurrentinnen absetzen konnte, stellte die neue Bestmarke auf 2:22:12 Stunden. „Ich bin sehr glücklich. Der Plan war der Streckenrekord, das Ziel habe ich nach zwei Jahren erreicht“, jubelte Kiprop. Die Bestleistung hielt seit 2000 die heuer verstorbene Italienerin Maura Viceconte (2:23:47).

Auch im Elitefeld der Damen purzelten die Bestleistungen. Vier der sechs Topläuferinnen markierten neue Bestmarken. Auch die Kärntnerin Eva Wutti, die als beste Österreicherin ihre alte Bestleistung um fast vier Minuten pulverisierte. Mit 2:34:12 Stunden unterbot die ehemalige Triathletin das WM-Limit für Doha deutlich.

Ergebnisse des 36. VCM

Herren: 1. Vincent Kipchumba 2:06:56, 2. Tadesse Abraham 2:07:24, 11. Lemawork Ketema 2:10:44 (ÖLV-Rekord), 13.Valentin Pfeil 2:12:55

Damen: 1. Nancy Kiprop 2:22:12 6. Eva Wutti 2:34:12

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2019)

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