Vorbereitungen für EU-Wahl laufen an - auch in Großbritannien

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Symbolbild. (c) imago/IPON (Stefan Boness/Ipon)
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Auf Gemeindeebene und in Parteizentralen plant man die britische Teilnahme.

London/Wien. „Ich mag diese Vorstellung nicht, aber sie wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher“ – so lautete die Antwort von Manfred Weber, seines Zeichens Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) bei der Europawahl, auf die am gestrigen Dienstag gestellte Frage, ob er mit einem britischen Mitglied in der kommenden EU-Kommission rechne. In Brüssel und anderen europäischen Hauptstädten setzt sich langsam die Überzeugung durch, dass Großbritannien aufgrund seiner Unentschlossenheit dazu gezwungen sein wird, Ende Mai an der EU-Wahl teilzunehmen.

In Großbritannien selbst sind die Vorbereitungen zur Teilnahme an dem EU-weiten Votum längst angelaufen – informell und vorerst hauptsächlich auf Gemeindeebene, die für die organisatorischen Aspekte der Wahl zuständig ist. Auch in den Großparteien wurde die Wahlmaschinerie in Gang gesetzt. Nach einem Bericht der „Financial Times“ informierte bei den regierenden Tories Gareth Fox, der für die Erstellung von Wahllisten zuständige Funktionär, seine Parteikollegen per E-Mail, dass Großbritannien „aufgrund der aktuellen Lage an der Europawahl am 23. Mai teilnehmen“ werde. Die Regierungspartei scheint somit keine allzu großen Hoffnungen auf Premierministerin Theresa May zu setzen, die sich gestern in Berlin und Paris um einen möglichst kurzen Aufschub bemüht hat, um die Einheit ihrer Partei nicht aufs Spiel zu setzen (siehe oben).

Nebenwirkungen

Aus europäischer Perspektive ist die britische Teilnahme an der Europawahl zwingend nötig, denn nach der vorherrschenden Rechtsmeinung läuft die EU sonst Gefahr, sich juristisch angreifbar zu machen. Im Europaparlament selbst, das nach dem Brexit von 751 auf 705 Sitze schrumpfen soll, ist man auf beide Eventualitäten institutionell bestens vorbereitet. Politisch hätte ein Aufschub des britischen EU-Austritts allerdings mehrere unerwünschte Nebenwirkungen. Im Fall Österreichs würde es den Wegfall eines Mandats bedeuten, denn in der neuen Post-Brexit-Formation stehen Österreich 19 statt wie bisher 18 Sitze zu.

Kopfzerbrechen – zumindest dem EVP-Spitzenkandidaten Weber – bereitet auch die mögliche Performance der britischen Parteien bei der EU-Wahl. Der prognostizierte Vorsprung der EVP würde dann aller Voraussicht nach schrumpfen, denn die Gewinner der britischen Teilnahme wären einerseits die Sozialdemokraten, andererseits die Europaskeptiker im Europaparlament, zu deren Kreis sowohl die Tories als auch die populistische United Kingdom Independence Party zählen.

Könnten die Briten im Fall einer Einigung auf einen Brexit-Deal ihre Teilnahme an der Europawahl kurzfristig canceln? Ja. Denn der EU Withdrawal Act von 2018, der den Austritt aus britischer Perspektive gesetzlich vollzieht, entzieht der britischen Teilnahme an der EU-Wahl sofort jegliche Grundlage. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2019)

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