Ministerpräsident Benjamin Netanjahu liegt nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Herausforderer Benny Gantz Hochrechnungen zufolge voran und spricht bereits jetzt von einem „kolossalen Sieg". Ihm winkt seine fünfte Amtszeit.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach der Parlamentswahl gute Aussichten auf eine fünfte Amtszeit. Seine rechtsgerichtete Likud-Partei erzielte laut Hochrechnungen nach Auszählung fast aller Stimmen zwar ähnlich viele Sitze wie die Liste Blau-Weiß seines Herausforderers Benny Gantz. Zusammen mit anderen rechten Parteien käme Likud aber auf eine Mehrheit von rund 65 der 120 Sitze.
Hochrechnungen sahen Netanjahus Partei am Mittwochmorgen nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen bei rund 35 Parlamentsmandaten. Die Liste Blau-Weiß kommt auf eine vergleichbare Zahl. Umfragen hatten schon vor der Wahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt. Das offizielle Wahlergebnis wird im Verlauf des Mittwoch erwartet.
Am Wahlabend hatten sich sowohl Netanjahu als auch Gantz zum Wahlsieger erklärt. Der von seiner Likud-Partei angeführte Block habe einen "klaren Sieg" errungen", sagte Netanjahu. In seiner Siegesrede sprach der 69-jährige Netanjahu von einem "unvorstellbaren Erfolg".
Der oppositionelle Ex-Militärchef Gantz (59) sprach zuvor von "einem historischen Tag für Israel". Die größte Partei müsse den Auftrag zur Regierungsbildung bekommen, sagte er. Prognosen hatten sein Bündnis nach Schließung der Wahllokale noch vorn gesehen. "Wir danken Netanjahu für seine Dienste", sagte Gantz, als ob die Wahl schon entschieden sei.

Anklage wegen Korruption droht
Die Wahl war in vielerlei Hinsicht eine Art Referendum über den seit insgesamt 13 Jahren regierenden und oft als "King Bibi" bezeichneten Netanjahu. Der 69-Jährige hatte sich im Wahlkampf als erfahrener Politiker präsentiert, der allein in der Lage sei, Israels Sicherheit zu garantieren. Am Samstag hatte Netanjahu für den Fall eines Wahlsiegs die Annexion jüdischer Siedlungsgebiete im Westjordanland angekündigt. Netanjahu war aber durch Korruptionsvorwürfe unter Druck geraten.
Dem Amtsinhaber droht eine Anklage wegen mutmaßlicher Korruption in drei Fällen. Allerdings konnte Netanjahu zuletzt außenpolitische Erfolge verbuchen. So erhielt er Unterstützung von US-Präsident Donald Trump, der die US-Botschaft nach Jerusalem verlegte und die Golanhöhen offiziell als israelisches Staatsgebiet anerkannte. Israel hatte das Gebiet 1967 von Syrien erobert und 1981 annektiert.
Der liberalere Politikneuling Gantz setzte im Wahlkampf auf den Wechselwillen nach insgesamt 13 Jahren Netanjahu. Der 59-jährige prangerte im Wahlkampf die Bestechungsskandale des Amtsinhabers an und versprach für den Fall seines Wahlsiegs "null Toleranz" gegenüber Korruption. Netanjahus Annexionspläne bezeichnete Gantz als "unverantwortliches" Werben um Stimmen. Er selbst befürworte ein "global unterstütztes Friedensabkommen".
Strengreligiöse Parteien unter zehn Mandaten
Die anderen Parteien erzielten lediglich Mandate im einstelligen Bereich. Die strengreligiösen Parteien Shas und Vereinigtes Tora-Judentum kamen jeweils auf acht Mandate.
Die Arbeiterpartei erhielt nur sechs Sitze, genau wie die arabische Partei Hadash-Taal. Die Partei Die Neue Rechte von Erziehungsminister Naftali Bennett und Justizministerin Ayelet Shaked verpasste vermutlich den Einzug in das Parlament. Die ultrarechte Israel Beitenu von Avigdor Lieberman und die Union rechter Parteien erhalten jeweils fünf Mandate.
Kulanu von Finanzminister Moshe Kachlon erhält vier Mandate, ebenso wie die linke Meretz-Partei und die arabische Partei Balad-Vereinigte Arabische Liste.
Netanjahu führte zuletzt eine Regierungskoalition mit den rechten und strengreligiösen Parteien an. Die Wahlen waren wegen einer Regierungskrise vorgezogen worden. Ursprünglich waren sie erst für November angesetzt gewesen.
Neue Regierung bis Anfang Juni
Präsident Reuven Rivlin wird nach der Wahl den Kandidaten mit den größten Chancen mit der Bildung einer Regierungskoalition beauftragen. Das neue Parlament soll am 23. April vereidigt werden. Mit einer neuen Regierung wird bis Anfang Juni gerechnet.
Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Saeb Erekat, kritisierte das Wahlergebnis. "Israelis haben dafür gestimmt, den Status Quo zu erhalten, was die Besatzung von Palästina angeht", schrieb Erekat auf Twitter. "Prognosen zeigen, dass nur 18 Mitglieder des Parlaments mit 120 Sitzen zwei Staaten in den Grenzen von 1967 unterstützen."