Top-Investor attackiert Bayer - Monsanto-Risiken unterschätzt

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"Der Monsanto-Kauf war und ist eine gute Idee.“ Das sagt der Bayer-Chef. "Wenn eine Übernahme in einem so kurzen Zeitraum solche Vermögens- und Reputationsschäden verursacht, ist das schon drastisch.“ Sagt ein Großinvestor.

Nach zwei schwere Schlappen vor Gericht wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Unkrautvernichters Glyphosat und einem Aktienkurs im Keller, kommt nun Kritik eine Großaktionärs an der Monsanto-Übernahme durch Bayer - auch wenn Bayer-Vorstandschef Werner Baumann erst jüngst wieder bekräftigt hat: "Der Monsanto-Kauf war und ist eine gute Idee."

Die milliardenschwere Übernahme des Glyphosat-Entwicklers habe Bayer mit "größter Sorgfalt" geprüft, versicherte Baumann. Auch vom Aufsichtsrat kommt Rückendeckung. Nun geht aber einer der Top-Investoren bei Bayer mit der Führung des Konzerns hart ins Gericht. "Wenn eine Übernahme in einem so kurzen Zeitraum solche Vermögens- und Reputationsschäden verursacht, ist das schon drastisch", sagt Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei dem Sparkassen-Fondshaus Deka, der Nachrichtenagentur Reuters. "Da kann man nicht mehr von einer erfolgreichen Akquisition sprechen."

Die Deka ist der zweitgrößte deutsche Einzelinvestor bei Bayer nach der Fondsgesellschaft DWS und steht nach eigenen Angaben auf Platz zehn der größten Geldgeber des Pharma- und Chemiekonzerns. Speich spricht von einer "desaströsen" Wertentwicklung bei dem Unternehmen. Die 63 Milliarden Dollar (aktuell 56 Milliarden Euro) schwere Übernahme von Monsanto im vergangenen Sommer hat Bayer gut 37 Milliarden Euro an Börsenwert gekostet. Aktuell ist der Konzern noch knapp 57 Milliarden Euro wert - und damit umgerechnet etwa so viel, wie er für Monsanto gezahlt hat. Zwischenzeitlich war Bayer sogar billiger. "Das Erschreckende ist, dass dem Management im Prinzip die Hände gebunden sind, weil wir jetzt an einer Stelle sind, wo es von den Gerichten abhängt, wie es weitergeht", sagt Speich. Bayer sei derzeit eine "Black-Box".

"Annahmen für Rechtsrisiken zu niedrig"

In den USA sieht sich Bayer mit mehr als 11.200 Klägern wegen des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Roundup von Monsanto konfrontiert. In zwei Fällen wurde das Unternehmen zu millionenschweren Schadenersatzzahlungen verurteilt. Bayer hat zwar Berufung eingelegt, viele Experten gehen aber bereits von einem teuren Vergleich aus. Speich erwartet vom Management, dass es nun daran arbeitet, wieder Vertrauen am Kapitalmarkt herzustellen. Zur Hauptversammlung am 26. April liegen bereits Gegenanträge vor, gegen die Entlastung der Vorstandsmitglieder zu stimmen. Auch die beiden großen angelsächsischen Stimmrechtsberater ISS und Glass Lewis empfehlen den Aktionären, den Vorstand nicht zu entlasten, unter anderem, weil das Management die mit dem Monsanto-Kauf verbundenen Rechtsrisiken unterschätzt habe.

Speich teilt diese Einschätzung. "Die Annahmen für die Rechtsrisiken waren zu niedrig, das haben sie definitiv unterschätzt." Bayer stehe mit dem Rücken an der Wand. Speich wollte sich nicht äußern, wie die Deka auf der Hauptversammlung abstimmen wird. Eine Entlastung oder Nicht-Entlastung hat keine rechtlichen Folgen, gilt aber als symbolischer Vertrauens- beziehungsweise Misstrauensbeweis. Immerhin hält Speich dem Vorstand zu Gute, "keine eklatanten Verfehlungen im operativen Geschäft" zu sehen. Es bestehe aber die Gefahr, dass das Management so stark auf die Rechtsstreitigkeiten und die Monsanto-Integration konzentriert sei, dass es andere Baustellen erst spät erkenne. Wie auch andere Marktbeobachter sieht Speich zudem ein Risiko, dass Bayer nach dem starken Kurseinbruch ein Spielball von aktivistischen Investoren oder gar selbst ein Übernahmeziel werden könnte. Aufgrund der Rechtsrisiken sei damit aktuell aber nicht zu rechnen. "Das ist eine bittere Pille, so dass da wenig passieren dürfte."

(APA/Reuters)

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