Mobilfunker bekommen Österreichs alte TV-Frequenzen

Regierung will alte TVFrequenzen
Regierung will alte TVFrequenzen(c) AP (Martin Meissner)
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Durch die Umstellung auf das digitale Fernsehen sind Frequenzen frei geworden. TV-Sender und Mobilfunk haben Interesse gezeigt. Die Entscheidung ist nun gefallen.

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) hat in der Debatte um die "Digitale Dividende" Position bezogen: Die durch die Umstellung auf digitales Fernsehen freiwerdenden Frequenzen sollten aufgrund einer Studie den Mobilfunkbetreibern zur Verfügung gestellt werden. Das sagte Bures Montagabend bei einer Veranstaltung im "Accedo-Salon" in Wien. Am Dienstag folgte gemeinsam mit Medienstaatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ) die offizielle Ankündigung der Vergabe der freiwerdenden Frequenzen an den Mobilfunk. Die Frequenzen sollen dem Ausbau des mobilen Internet dienen. Die am Freitag erhaltene Studie  (Pdf) sei hier "relativ klar". Die ursprünglich vereinbarte Vergabe bis zum Jahr 2014 wäre "viel zu lang". Die Vergabe soll bereits 2011 oder 2012 erfolgen, hieß es schließlich am Dienstag.

Abhängen wird die tatsächliche Nutzbarkeit der Frequenzen durch die Mobilfunkunternehmen nach Einschätzung der beiden Politiker allerdings nicht nur vom Zeitpunkt der Vergabe, sondern auch von der Entwicklung in den östlichen Nachbarländern - konkret vom Zeitpunkt der Abschaltung des dort noch laufenden Analog-TVs. Auf EU-Ebene wird angestrebt, die Abschaltung ab 2012, verbindlich ist sie allerdings erst ab 2015. Die Vorgehensweise z.B. im österreichisch-tschechischen Grenzraum müsse daher noch bilateral geklärt werden, heißt es im Kanzleramt.

Auch die TV-Sender haben immer wieder ihr Interesse an den Frequenzen betont und sehen durch eine Vergabe an die Mobilfunker den störungsfreien Empfang gefährdet. Die Chancen der Sender waren allerdings schon lange sehr gering, da sich selbst die EU-Kommission bereits für eine Vergabe an den Mobilfunk ausgesprochen hatte. Die Frequenzen sollen für den Auf- und Ausbau moderner Netze - vor allem zur steigenden Datenübertragung - genutzt werden. Eine Störung des Fernsehempfangs konnte nur in Ausnahmefällen mit veralteten Empfangsgeräten nachgewiesen werden. Konzertveranstalter fürchten eine Störung der Funkmikrofone. Bis zum Ministerratsbeschluss sollen diese Probleme noch untersucht werden.

TV-Firmen wollen Abschlagszahlungen

Der Sprecher der Allianz aus Kabelnetz-Betreibern, Konzertveranstaltern und TV-Firmen, Michael Weber, kritisiert "eine voreilige Entscheidung, untermauert mit einer zweifelhaften Studie". Der Rundfunk sei mit ausreichenden Frequenzen versorgt und "nicht auf das Spektrum der oberen Digitalen Dividende angewiesen", heißt es laut Bures und Ostermayer in der Studie. Eine Vergabe an den Rundfunk wäre aus Sicht der Experten "nicht gerechtfertigt". Weber befürchtet einen Millionenschaden für Kabelnetzbetreiber und Konzertverstanstalter. "Es kann einen Kompromiss geben, im Sinne des TV- und Festspielkunden", so Weber -  etwa Abschlagszahlungen für nötige Investitionen. Eine "Umrüstungsunterstützung" für die Betreiber von Funkmikrofonen und Richtfunkanalgen hält auch VP-Telekomsprecherin Karin Hakl für möglich.

Einen Beitrag der Mobilfunkunternehmen zur Umrüstung etwa der Funkmikrofone von Konzertveranstaltern schließt Forum-Mobilfunk-Präsident und Orange-Chef Michael Krammer aus und plädiert dafür, diese Zahlungen mit den Erlösen des Staates aus der Frequenzversteigerung zu finanzieren. "Ein Teil der Erlöse kann aus meiner Sicht dafür verwendet werden, diese Probleme zu lösen. Darüber hinaus sehe ich keine Notwendigkeit, da wird genug Geld hereinkommen", lehnt Krammer eine weitergehende Beteiligung der Telekom-Branche ab.

Millionen Euro für den ländlichen Raum

Eine rasche Vergabe hält auch die ÖVP für wirtschaftlich dringend notwendig. Die Infrastrukturinvestitionen der Mobilfunk-Firmen für den Ausbau des mobilen Breitbandinternets würden im ländlichen Raum ein "privates Konjunkturpaket im Wert von Hunderten Millionen Euro" bedeuten, meint Hackl. Außerdem brächte eine Versteigerung der Frequenzen "viel Geld fürs Budget, das sich der Steuerzahler spart".

Bisher war von einer Vergabe der Lizenzen erst im Jahr 2014 die Rede. Die "Digitale Dividende" betrifft vorerst den Frequenzbereich zwischen 790 und 862 Megahertz (MHz): Weil digitales Fernsehen mit einem deutlich "schlankeren" Signal auskommt als das ältere analoge TV, werden diese Frequenzen für die Ausstrahlung des digitalisierten Fernsehprogramms nicht mehr benötigt und können künftig anderweitig genutzt werden.

3 bis 7 Mrd. Euro in Deutschland erwartet

In Deutschland ist die Versteigerung der Frequenzen an die Handynetz-Betreiber bereits angelaufen. Erwartet werden Verkaufserlöse zwischen 3 und 7 Mrd. Euro. Vor zehn Jahren hatte die Versteigerung der UMTS-Frequenzen dem deutschen Staat mehr als 50 Mrd. Euro gebracht. Die Versteigerung in Österreich verlief damals dagegen enttäuschend: Statt der erwarteten bis zu 2,9 Mrd. Euro blieben der Regierung Ende 2000 nur 832 Mio. Euro.

(Red. / Ag. )

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