Sudans Militär setzt Präsident Bashir ab

Soldaten am Donnerstag in Khartoum
Soldaten am Donnerstag in KhartoumREUTERS
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Der sudanesische Verteidigungsminister bestätigte, dass Bashir festgenommen wurde. Es soll eine zweijährige Übergangszeit unter der Herrschaft des Militärs geben. Die Opposition kritisierte den Putsch der Streitkräfte. Die Proteste sollen weitergehen.

Nach monatelangen Protesten ist Sudans langjähriger Staatschef Omar al-Bashir vom Militär des Landes abgesetzt worden. Bashir werde durch einen Militärrat ersetzt, der die Regierung zunächst für zwei Jahre übernehme, erklärte Verteidigungsminister Awad Mohamed Ahmed Ibnouf am Donnerstag im Staatsfernsehen. Die Organisatoren der zivilen Proteste forderten dagegen eine zivile Übergangsregierung.

Die Armee habe den Präsidenten "an einem sicheren Ort" in Gewahrsam genommen, sagte der Verteidigungsminister. Die Verfassung aus dem Jahr 2005 sei außer Kraft gesetzt.

Ibnouf verkündete weiters einen dreimonatigen landesweiten Notstand. Die Grenzen und der Luftraum des ostafrikanischen Landes wurden geschlossen. Für das ganze Land, einschließlich der Krisenregion Darfur, gilt demnach ab sofort eine Waffenruhe.

Die Anführer der Massenproteste verurteilten Putsch der Streitkräfte verurteilt und forderten eine zivile Übergangsregierung. Die Sitzblockade vor der Zentrale der Streitkräfte in der Hauptstadt Khartum und Proteste in den Straßen sollten weitergehen, schrieben sie in einer gemeinsamen Mitteilung auf Facebook.

Infolge des Putsches würde das Land weiter von den gleichen Gesichtern regiert, hieß es in der Mitteilung von Oppositionsparteien und der SPA, einer gewerkschaftsähnlichen Interessensvertretung. Die Proteste würden weitergehen, bis "eine zivile Übergangsregierung die Macht übernehme, die den Willen der Revolution" vertrete. Die Gruppen hatten bisher eine Schlüsselrolle bei der Organisation der Proteste.

Tatsächlich schlugen in der Hauptstadt Freudenfeiern über das Ende der Bashir-Herrschaft in Proteste gegen eine Übergangsregierung der Streitkräfte um. Tausende Menschen protestierten gegen die Erklärung des Militärs.

Feiern auf den Straßen

Vor der Erklärung des Verteidigungsministers hatten sich in der Hauptstadt Khartum große Menschenmengen in Erwartung eines Machtwechsels versammelt. Die Menschen schwenkten sudanesische Flaggen, umarmten einander und verschenkten Süßigkeiten. "Das Regime ist gefallen", skandierten Demonstranten vor den Toren des Armee-Hauptquartiers.

Seit Samstag belagerten die Protestierenden das Armee-Hauptquartier in Khartoum. Auf dem Gelände befinden sich auch die Residenz des Präsidenten und das Verteidigungsministerium. Die Demonstranten verlangten vor der Armee, sich auf die Seite der Regierungsgegner zu stellen. „Wir haben gewonnen“ riefen die Demonstranten schon nach den ersten Gerüchten, dass der Präsident zurückgetreten sei.

Wie es mit Bashir weitergeht, war zunächst unklar. Schon 2009 hat der Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl gegen Bashir wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der sudanesischen Region Darfur erlassen. Die Anklage wurde später um den Völkermord erweitert.

Staatschef Omar al-Bashir
Staatschef Omar al-Bashir APA/AFP/ASHRAF SHAZLY

Politische Gefangene kommen frei

Der gefürchtete Geheimdienst kündigte an, alle politischen Gefangenen freilassen zu wollen. Der Nationale Geheim- und Sicherheitsdienst habe erklärt, er lasse "alle seine politischen Gefangenen im ganzen Land frei", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur SUNA vor dem Hintergrund der massiven Proteste gegen Bashir.

Demonstranten stürmten unterdessen ein Gebäude der mächtigen Behörde in der Stadt Kasala im Osten des Landes, wie Augenzeugen berichteten.

Tausende Menschen gingen am Donnerstag auf die Straße und feierten. Etliche liefen demnach mit der Flagge Sudans durch die Straßen oder riefen Parolen wie "endlich werden wir das Bashir-Regime los". Tausende Menschen strömten auf den Platz vor der Zentrale der Streitkräfte in Khartum, auf dem Demonstranten seit Samstag mit einer Sitzblockade protestierten.

In dem Land mit 40 Millionen Einwohnern gibt es seit Monaten Demonstrationen gegen Bashir, der seit 30 Jahren im Amt ist. Auslöser waren Preiserhöhungen für Nahrungsmittel und andere Waren des Grundbedarfs. Seit der ölreiche Süden des Landes 2011 die Unabhängigkeit erlangte, rutschte Sudan in eine schwere Wirtschaftskrise. 

>>> Dieser Artikel wird laufend aktualisiert

(APA/Reuters/red.)

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