Porträt

Der Mann, der in Generationen denkt

Andrea Lehky
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Seit Jänner ist Thomas Welser Vorstandsvorsitzender der Welser Profile Gruppe. Sie ist seit elf Generationen in Familienbesitz. Was so manche Entscheidung ganz einfach macht.

Mit Donald Trump hatte es nichts zu tun. Thomas Welser (46), CEO der Welser Profile Gruppe mit zwei Werken im Mostviertel und einem in Deutschland, kaufte 2018 ein Werk in Ohio/USA zu, das ebenfalls Sonderprofile herstellt.

„Wir haben jahrelang nach dem richtigen Partner gesucht. Dass wir den Vertrag ausgerechnet an dem Tag unterzeichneten, an dem Trump seine Strafzölle gegen Stahl- und Aluminiumimporte verhängte, das war purer Zufall. So planen wir nicht.“ Wie dann?

Welser plant in Generationen. Er gehört zur elften Generation einer Metallverarbeiterfamilie, die seit 1664ununterbrochen das Stammwerk in Ybbsitz und Gresten führt. Die Firma war immer ihr Leben. Thomas Welser und sein Bruder Andreas wären gar nicht auf die Idee einer anderen Laufbahn als der im Familienbetrieb gekommen.

Seit 20 Jahren, seit seinem WU-Abschluss in Handelswissenschaften, tauchte Welser „immer tiefer ein“. Bis 2000 wuchs die Firma im Wesentlichen im Mostviertel. Dann kaufte man das deutsche Werk dazu, zog es groß und begann behutsam, über die Expansion in die USA nachzudenken. Erst eine Handelsniederlassung, dann das Werk. Und nur weil jetzt alles nach China schielt, geht er noch lang nicht dorthin. Alles schön der Reihe nach.

Generationenlandkarte

Und alles für die nächste Generation. Das müssen gar nicht die eigenen (vier) Kinder sein. „Jetzt dürfen wir gestalten. Wenn wir gehen, muss der Weg aufbereitet sein. Dann ist unsere Aufgabe erledigt.“

Vor nicht einmal einem Jahr rief Welser nach Freiwilligen im Unternehmen. Sie sollten gedanklich drei Generationen zurückgehen und eine Zeitlinie erstellen, was sich seit damals in ihrem Leben, in der Firma und im Umfeld getan hatte. Zuerst meldeten sich 30 Mitarbeiter als interne Trainer, dann 560, die mitgestalten wollten. „Wir haben unsere Geschichte betrachtet, was uns ausmacht, wer wir sind. Was unser Sinn ist.“

Es soll ja Menschen geben, die sich schwertun, den Sinn ihrer Arbeit zu erkennen. Welser gehört nicht dazu. Mit Begeisterung erzählt er, wo überall seine Profile verbaut sind: in jedem Haus, jedem Auto, jeder Industrie. Für Abwechslung ist gesorgt: „Jeder Auftrag ist neu und anders. Es gibt keinen Katalog.“

Spaß haben an ständig Neuem – und das ist auch schon das ganze Geheimnis: „Wer macht, was ihm Spaß macht, der bringt mehr zusammen.“

So rekrutiert er auch. Die passende Ausbildung ist nicht immer das Wichtigste: „Viele haben ganz etwas anderes gelernt. Hier entfalten sie sich.“

Mit der gleichen Neugier auf Neues führte er seine Leute in die Digitalisierung. Längst ist die Fabrik smart, jeder Bereich setzte einfach ein Projekt nach dem anderen um, ohne großes Aufheben.

Industrie 4.0 findet Welser „nett“, sieht darin aber nur ein Werkzeug: „Das Wichtigste an der digitalen Transformation ist zu verstehen, dass der Mensch analog bleibt.“ Erfolg definiert er als „Wollen x können x dürfen“: „Wenn die Mitarbeiter nicht wollen, fehlt das Wesentlichste.“

Jetzt springt er auf, kramt nach einem Stift und beginnt, auf dem Flipchart zu zeichnen. Das Traditionsunternehmen in die New Economy zu führen hieße doch, es mit Menschen in Kontakt zu bringen, die ein neues Mindset mitbrächten. Schon wieder ein Generationenthema: Die arrivierten internen Know-how-Träger mit externen jungen Menschen an neuen (meist IT-)Themen gestalten lassen.

Party für alle

Junge Leute holt er unter anderem über ein Netzwerk, das er konsequent über das Mostviertel aufzieht. Von den Schulen seiner Kinder über Polytechnikum, HTL, FH, Kammer und Betriebe der Region, mit denen er sich konkurrenzfrei austauscht. Gern auch mit Start-ups, die „als Schnellboote an die Tanker andocken“.

Was würde er machen, könnte er nur noch eine einzige Sache für sein Unternehmen tun? „Ich würde eine große Party feiern. Weil Party mein Synonym für ,gemeinsam‘ ist. Gemeinsam leisten Menschen Unglaubliches.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2019)

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