Ist die weitere Verschiebung eine Chance für Premierministerin May oder ihr endgültiges Ende? Wie es in Großbritannien innenpolitisch weitergehen wird. Ein Überblick.
London. Knapp drei Jahre nach dem Brexit-Votum ist Großbritannien genau dort angelangt, wo das Land nie sein wollte: Die Europäische Union entscheidet über das Schicksal der Briten. Es sei „eine riesige Enttäuschung“, dass London neuerlich um eine Verlängerung des EU-Austritts bitten musste, sagte Premierministerin Theresa May in der Nacht auf gestern, Donnerstag, nach dem Sondergipfel in Brüssel, bei dem die Frist für den Brexit noch einmal bis maximal 31. Oktober ausgedehnt wurde. Nun gelte es, „mit Volldampf weiterzumachen, eine nationale Einigung zu erzielen“, forderte die Regierungschefin.
Vor dem Unterhaus sagte sie danach: „Meine Pflicht ist es, den Brexit umzusetzen.“ Ihre Chancen stehen weiter schlecht. Zwar wurden die Gespräche zwischen der konservativen Regierung und der oppositionellen Labour Party über eine mehrheitsfähige Lösung wieder aufgenommen. May selbst warnte aber: „Die nächsten Wochen werden nicht einfach sein.“ Nachfolgend eine Übersicht, wie es in Großbritannien nun weitergehen wird.
1. Kommt es zu einer Spaltung der Konservativen?
Innerhalb der Regierungspartei besteht wachsender Widerstand gegen die Premierministerin. Sie hat nicht nur die Kontrolle über ihre Fraktion, sondern auch über ihre Regierung verloren. Dennoch hielten sich vorerst alle bedeckt. Zu Knackpunkten können aber die Lokalwahlen am 2. Mai und die Europawahlen ab 23. Mai werden. May will immer noch den Brexit zuvor über die Bühne bringen. Ihre Gegner aber drohen mit offenem Widerstand: „Es ist verrückt“, meint etwa der Tory-Abgeordnete Peter Bone. „Wir haben im Juni 2016 für den Austritt gestimmt, und wenn wir jetzt in die Europawahlen gehen, wird das eine Katastrophe für uns Konservative.“ Darin steckt aber ein Gutteil Scheinheiligkeit: Schon bei den letzten Europawahlen 2014 lag die Wahlbeteiligung in Großbritannien bei nur 35 Prozent. Die Bedeutung für die Innenpolitik ist begrenzt.