Der Beruf der Dirigentin vereint für sie alles, was ich liebe: Musik, Bühne, Gesang.
Oksana Lyniv, Chefdirigentin der Grazer Philharmoniker und der Oper Graz, wollte schon als Kind Musikerin werden und damit dem Vorbild ihrer Eltern folgen. „Ich war am Musikkolleg in Lemberg, habe Klavier und Flöte gespielt, im Chor gesungen, dirigiert. Beim Abschlusskonzert kam ein Mann zu mir und sagte: Sie sind zwar kein Toscanini, aber Sie haben eine große Zukunft vor sich.“ Das sei für sie ein Aha-Erlebnis gewesen. „Ich habe dann erfahren, dass ich an der Lemberger Uni Dirigieren studieren kann und dass Frauen dazu auch zugelassen sind.“ Von da an war ihr Weg klar. „Der Beruf der Dirigentin vereint alles, was ich liebe: Musik, Bühne, Gesang.
Ich habe mir selbst versprochen, das Maximum dabei zu geben.“ Das tut sie und wird regelmäßig von der Kritik gefeiert: Zuletzt für ihre Interpretation von Tschaikowskys „Jungfrau von Orleans“ am Theater an der Wien. Ihr Erfolgsgeheimnis? „Man braucht Vorstellungskraft, Fantasie und Kommunikationsfähigkeiten.“ Absolutes Gehör hat sie keines. „Aber man muss in der Probenarbeit den Klang sehr schnell analysieren und mit seinem inneren Klangbild abgleichen.“ Vor einem Auftritt sei sie schon nervös, sagt die 41-Jährige, „aber eher innerlich, weil das Dirigat für die Leistung des gesamten Teams entscheidend ist.“
Dass es noch nicht sehr viele Frauen in ihrem Beruf gibt, erstaunt Lyniv nicht. „Der Dirigentenberuf ist vor etwas mehr als 100 Jahren entstanden, da durfte eine Ehefrau in Deutschland noch nicht einmal arbeiten, ohne die Erlaubnis ihres Mannes einzuholen. Genau wie in anderen Führungspositionen müssen die Frauen da erst aufholen. Es ist schwierig, sich durchzusetzen, wenn es noch keine erfolgreichen Vorbilder gibt. Aber es werden mehr.“
Oksana Lyniv leitet in Graz Webers „Oberon“ (9., 19. und 23. Mai) sowie Puccinis „Tosca“ (16., 26. und 29. Mai, 6. und 13. Juni).Tipp
("Die Presse-Kulturmagazin", 12.04.2019)