Das Plastiksackerl ist am Ende

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Symbolbild. (c) REUTERS (LUCAS JACKSON)
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Ab 2020 sind Plastiksackerln in ganz Österreich verboten. Damit stellt sich das Land an die Spitze der Plastikgegner. Lösen wird das die globale Müllkrise aber nicht.

Wien. Im Grund ist das Thema ja durch. Die Feuilletons haben ihre großen Abgesänge auf das Plastiksackerl geschrieben. Und die Handelsunternehmen wedeln seit Monaten mit Papier- und Stofftaschen herum, als wäre das Verbot ihre eigene Erfindung. Die Österreicher hatten also schon ein bisschen Zeit, sich seelisch auf die bevorstehende Trennung vorzubereiten.

Gut so, denn ab 1. Jänner 2020 wird es ernst. Ab kommendem Jahr soll das Totalverbot von Plastiksackerln in Österreich in Kraft treten. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat das Umweltministerium am gestrigen Donnerstag in Begutachtung geschickt.

Demnach dürfen Supermärkte, Möbelhäuser und Modegeschäfte dann keine Plastiksackerln mehr verschenken oder verkaufen. Ausgenommen sind Müllsäcke, Gefrierbeutel und Gackerlsackerln. Auch dicke Kunststofftaschen mit angenähten Tragegriffen, die zum mehrmaligen Gebrauch gedacht sind, bleiben verschont. Ausgenommen sind zudem besonders dünne Obstsackerln, solange sie biologisch abbaubar sind und aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Dickere Plastiksackerln aus biologisch abbaubarem Material werden hingegen verboten.

Zehn Flüsse voller Plastik

„Das ist eine klare und konsequente Entscheidung gegen die Wegwerfgesellschaft. Zu Plastiksackerln gibt es genügend Alternativen“, sagt ÖVP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger. Umweltorganisationen begrüßten den Schritt grundsätzlich, forderten aber mehr Maßnahmen gegen Einwegtragetaschen aus anderen Materialien wie etwa Papier.

International ist Österreich mit der Regelung jedenfalls unter den progressiveren Ländern. In der EU kennen lediglich die Franzosen ein echtes Verbot der Plastiksackerln. Die Iren heben seit 2002 eine Steuer ein, die Dänen seit 1994. Deutschland setzt darauf, dass die Händler freiwillig keine Plastiktüten mehr gratis ausgeben.

In China, Kenia, Ruanda und Südafrika sind ultradünne Plastiksackerln verboten. Bangladesch hat 2000 gleich alle Plastiksackerln verbannt, da sie während der Monsunzeit die Abwasserkanäle verstopften und das Überschwemmungsrisiko erhöhten.

In Asien ist auch der Kern des Plastikproblems zu suchen, das den Planeten plagt. Sechs Milliarden Tonnen Plastikmüll hat die Menschheit in Summe angehäuft, zehn Millionen Tonnen landen jedes Jahr in den Weltmeeren.

Österreich hat mit seinen 5000 bis 7000 Tonnen Plastikmüll im Jahr daran nur wenig Anteil. Die EU, die ein Verbot von Einwegprodukten aus Plastik plant, produziert ebenfalls nur einen Bruchteil des globalen Plastikabfalls. Umgekehrt „liefern“ acht Flüsse aus Asien und zwei aus Afrika fast den gesamten Plastikmüll, der die Ozeane füllt. Ganz allein wird also weder Wien noch Brüssel das Problem lösen können.

Für all jene, die sich nicht so schnell von ihren durchschnittlich 45 Plastiksackerln im Jahr losreißen können, gibt es eine Übergangsregelung. Bis Ende 2020 dürfen Händler ihre Sackerln noch verkaufen. Wer daheim also schon alte Glühbirnen lagert, kann schon Platz freiräumen, um gleich daneben die Plastiksackerln zu horten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2019)

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