Das Ende der Anonymität?

Zum geplanten „digitalen Vermummungsverbot“ der Bundesregierung sind noch viele Fragen offen.
Zum geplanten „digitalen Vermummungsverbot“ der Bundesregierung sind noch viele Fragen offen.(c) REUTERS (China Stringer Network)
  • Drucken

Was sich durch das „Digitale Vermummungsverbot“ für Nutzer ändern wird.

Wien. Am Mittwoch wurde das als „Digitales Vermummungsverbot“ bezeichnete Gesetz in die Begutachtung geschickt. Damit wird die Registrierung von Nutzern in Online-Foren bewirkt. Die Verfolgbarkeit von Nutzern soll im Fall von strafrechtlich relevanten Äußerungen erleichtert werden. Damit wird online eine Ausweispflicht eingeführt, die es im analogen Österreich nicht gibt.

1. Wie funktioniert künftig die Registrierung auf Forenseiten?

Die Regierung überlässt den Seitenbetreibern die Wahl der technischen Umsetzung. So ist es möglich, dass künftig eine Registrierung nur in Verbindung mit der Bürgerkarte möglich ist. Oder dass Nutzer bei der Anmeldung ihren Pass hochladen und im nächsten Schritt der Registrierung direkt im System ein Foto von sich machen, um sicher zu stellen, dass es sich um die Person handelt, die sich anmeldet.

2. Was ist die Zwei-Faktor-Authentifizierung?

Bei der Anmeldung über das Smartphone, die in zwei Schritten stattfindet, erfolgt die Verifikation über die Rufnummer. Ein solche Lösung ist „Mobile Connect“, das durch den Branchenverband standardisiert wurde. In 30 Ländern wird dieser Dienst bereits angeboten – nicht so in Österreich. Zur Anmeldung wird die Rufnummer angegeben und man erhält einen Bestätigungslink. Damit wird der Netzbetreiber zur Übermittlung einer Kundenreferenznummer an den Webseiten-Betreiber autorisiert. Im Gespräch mit der „Presse“ betonte die Sprecherin von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP), dass Provider derartige Lösungen bereits anbieten. Dies wurde auf Nachfrage bei den heimischen Anbietern allerdings nicht bestätigt. Es werde noch an einer einheitlichen Lösung gearbeitet.

3. Welche Vorgaben haben Unternehmen beim Speichern der Daten?

Wird künftig bei der Registrierung das Hochladen eines Lichtbildausweises verlangt, muss dieser umgehend nach der Registrierung gelöscht werden. Gespeichert werden müssen Vor-, Nachname, die Adresse sowie auch der Nutzername. Der Nutzer kann jederzeit die Löschung verlangen. Die Personalien müssen entfernt werden, wenn der Nutzer sich abmeldet oder länger als ein Jahr inaktiv ist. Seitenbetreiber müssen regelmäßig Überprüfungen vornehmen. Bei „offenkundig unrichtigen Angaben“ muss der Nutzer vom Seitenbetreiber ausgeschlossen werden.

4. Welche Webseiten sind von dem Gesetz betroffen?

Beim „Bundesgesetz über Sorgfalt und Verantwortung im Netz“, wie es eigentlich heißt, hat man sich an Deutschlands Netzwerkdurchsetzungsgesetz orientiert. In die Pflicht genommen werden Unternehmen, die mehr als 100.000 registrierte Nutzer haben, oder mehr als 500.000 Euro Umsatz im Geschäftsjahr lukriert haben, oder aber mehr als 50.000 Euro Presseförderung erhalten haben. Die Zahlen wurden laut Blümel auf den österreichischen Markt übertragen. „Die Kriterien sind für alle gleich, man habe aber auch festgelegt, dass eine gewisse Relevanz gelten müsse“, sagte Blümel.

5. Droht das Ende von Facebook in Österreich?

Mit dem Gesetz will man große Unternehmen wie Facebook, Twitter und Co. in die Pflicht nehmen. Darum sieht das Gesetz einen Zustellungsbevollmächtigten vor, der auf Anfragen und Beschwerden innerhalb von 24 Stunden reagieren muss. Eine ähnliche Regelung hat auch Deutschland beschlossen. Die EU-Kommission hat der nötigen Notifizierung nicht widersprochen. Darum geht auch Blümel davon aus, dass der österreichischen Regelung nicht widersprochen wird. Ob der Europäische Gerichtshof Österreichs Regelung als rechtskonform ansieht, bleibt abzuwarten. Ein Ende von US-Plattformen in Österreich ist unwahrscheinlich. In Deutschland wurde von Facebook ein Zustellungsbevollmächtigter durch eine Anwaltskanzlei bestellt.

6. Wird das Problem „Hate Speech“ damit gelöst?

Die drohenden Strafen für Privatpersonen könnten abschreckend wirken – zumindest in der Theorie. Beispiele aus anderen Ländern zeigen allerdings, dass ähnliche Gesetze keine positiven Auswirkungen darauf hatten, wie in Online-Foren kommuniziert wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

AUSSERORDENTLICHE KONFERENZ DER LANDESHAUPTLEUTE IN WIEN: BLUeMEL
Tech

"Vorrats-Idenitifizierungspflicht": Experten skeptisch über "Sorgfalt im Netz"-Gesetz

Experten zweifeln an, ob das von der Bundesregierung geplante Gesetz - Stichwort „digitales Vermummungsverbot“ - mit Grundrechten und Unionsrecht vereinbar ist.
Tech

Digitales Vermummungsverbot ein "Zensurgesetz"

"Die rechtsstaatlichen Prinzipien müssen auch im digitalen Raum gelten", erklärt Gernot Blümel im Anschluss des Ministerrats. Das in die Begutachtung geschickte Gesetz stößt aber auf Kritik. Sigi Maurer sieht sich und ihren Fall für ein „Zensurgesetz missbraucht".
Tech

Digitales Vermummungsverbot: Das Ende des Versteckspiels im Netz

Die Regierung schickt am Mittwoch, ein Gesetz in die Begutachtung, das der Anonymität im Netz zumindest teilweise einen Riegel vorschieben soll.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.