Bei der Präsidentenwahl ist kein prorussischer Kandidat mehr im Rennen. Von Favorit Wolodymyr Selenskij erwartet der Kreml eine atmosphärische Verbesserung. Auch er wird keinen schnellen Frieden mit Moskau schließen.
Moskau/Kiew. Eine der Folgen des ukrainisch-russischen Konflikts sind die Zerrbilder des politischen Lebens im Nachbarland, die den Russen via TV in ihre Wohnzimmer geliefert werden. Vor allem in den Wochen vor der Präsidentenwahl am 21. April. Dmitrij Kisseljow, der in seiner TV-Wochenschau die Kreml-Linie plakativ fürs Volk übersetzt, hat zuletzt in die unterste Schublade gegriffen: Chaos, systematischer Wahlbetrug, und erst die Kandidaten! Im Zentrum der gehässigen Attacke: Präsident Petro Poroschenko, der als fahriger Alkoholiker dargestellt wurde und dem ein Drogenexperte eine vernichtende Ferndiagnose stellte.
Eine freie Wahl beim untreuen Nachbarn, noch dazu offen im Ausgang, ist dem Kreml nicht geheuer. Was, wenn die Russen auf die Idee kämen, dass das bei ihnen auch funktionieren könnte? Und doch kann die Aufgeregtheit Kisselowjs nicht kaschieren, dass Moskau die Vorgänge in der Ukraine viel weniger beeinflussen kann als noch vor wenigen Jahren. Viktor Janukowitsch etwa wurde vom Kreml offen unterstützt. 2004 verpasste er den Sieg; 2010 schaffte er dann den Einzug ins Präsidentenamt.
Poroschenko bei Merkel
Heute ist vieles anders. Das Verhältnis zwischen den Nachbarn ist angespannt, russische Einmischung wird abgewehrt. Die politische Debatte in der Ukraine ist heute nationalbewusster als früher.