Die Macht über die Masse

Einst waren Massen bedrohlich. Die neuen Massenbewegungen dagegen geben Individuen Gestaltungsraum. Sie können als selbstbestimmte Wesen in der Öffentlichkeit ihre Anliegen vorbringen. Beobachtungen der Philosophen Gunter Gebauer und Sven Rücker.

Elias Canetti fragte in „Masse und Macht“: Was ist der Mensch? Für ihn hatte die europäische Aufklärung den in ihr verborgenen emanzipatorischen Vorrat, angesichts der Schrecken des NS-Regimes, aufgebraucht. Die Masse sei keine menschliche, sondern eine universelle Erscheinung. Wenn sich Menschen zu einer Masse zusammenscharen, vollziehen sie damit nicht einfach eine politische, gesellschaftliche Bewegung, sondern sie ahmen einander nach. Canetti verweist auf die „existenzielle Erfahrung“ von Macht über die Masse.

Die beiden Philosophen Gunter Gebauer und Sven Rücker gehen in ihrem tiefgreifenden Buch dem scheinbaren Wiedererstehen von Massen in der Gesellschaft auf den Grund, etwa jenen, die durch Massenmedien, Werbung sowie durch das Internet im Rahmen der Popkultur, von Sport und Konsum, von Protestbewegungen oder Flüchtlingsströmen zustandekommen. Im Gegensatz zu den bedrohlichen beziehungsweise zerstörerischen Massen in der Menschheitsgeschichte geben die neuen Massenbewegungen den Individuen Gestaltungsraum, um als selbstbestimmte Wesen in der Öffentlichkeit ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.

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