Ballett: „Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe“

Die Ersten Solisten Ketevan Papava und Roman Lazik erleben das Staatsballett als „große Familie“.
Die Ersten Solisten Ketevan Papava und Roman Lazik erleben das Staatsballett als „große Familie“.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schwere Vorwürfe beuteln die Wiener Ballettakademie an der Staatsoper. Wie erleben die Tänzer ihr Haus? Wie viel Konkurrenz gibt es? Und: Wie hat eigentlich die berühmte Waganowa unterrichtet?

Was soll man als Ballettfreund über all das denken? Wie soll man künftig eine Vorstellung genießen, ohne negative Bilder vor dem geistigen Auge zu haben? Soll man das Kind zum Ballettunterricht schicken oder überhaupt noch ins Ballett gehen, wenn man weiß, wie teuer die Tänzer für die leichtfüßige Eleganz und den perfekten Körper bezahlen? Der Vorwurf, dass Schüler der Ballettakademie der Staatsoper physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt waren und dass es einen sexuellen Übergriff gegeben haben soll, wiegt schwer. Und er tut besonders weh, weil sich das Wiener Staatsballett just unter Staatsoperndirektor Dominique Meyer und Ballettchef Manuel Legris so wunderbar entwickelt hat und die Ballettfans nun mit hervorragenden Leistungen begeistert. Ist es wirklich so, dass so etwas nur mit Drill, wenn nicht gar Brutalität zu erreichen ist? Die „Presse am Sonntag“ hat sich umgehört.

Vorbild Russland. „Ich war schockiert von den Nachrichten! Es tut mir sehr leid für die Kinder, die das alles erlebt haben“, sagt Ketevan Papava, Erste Solotänzerin des Staatsballetts, die heute bei der Premiere des Ballettabends in Jiří Kyliáns „Psalmensymphonie“ zu erleben ist. Die aus Tiflis stammende Tänzerin wurde nicht in Wien ausgebildet, sondern in Russland, jenem Land, das ganz besonders mit eiserner Disziplin in Verbindung gebracht wird – und das in Sachen klassisches Ballett Maßstäbe setzte. Allen voran mit Agrippina Waganowa, deren Lehrmethode weltweit zur Grundlage der Ausbildung wurde. „Ich war an der Waganowa-Akademie in St. Petersburg“, erzählt Papava, „und ich wurde nie gedemütigt oder geschlagen. Meine Lehrerin war eine der letzten Schülerinnen von Waganowa. Sie war streng und fordernd. Aber wir haben sie alle sehr geliebt und respektiert. Alles, was ich jetzt kann, ist ihr zu verdanken!“ Galina Ulanowa (1909–1998), Primaballerina Assoluta am Bolschoi-Theater, hat bei Waganowa gelernt und beschrieb ihre Arbeit so: „Wenn wir ihren Unterricht betraten, hatten wir immer ein großes Gefühl der Selbstverantwortung. Sie forderte den ganzen Menschen, den wachen Geist, die absolute Offenheit und Arbeitsliebe. Nicht Strenge war es, die ihre Stunden bestimmte, sondern Hingabe und Unerbittlichkeit.“ Die Tanzpädagogen sollen und müssen aus ihren Schülern das Beste herausholen. Das ist unbestritten. Aber die pädagogischen Methoden haben sich auch in der klassischen Ballettausbildung verändert. Und das nicht erst seit heute.

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