Die verzweifelte Forderung nach der Verstaatlichung von 200.000 Wohnungen gehört zu den erwartbaren Folgen des fehlenden gemeinnützigen Wohnbaus.
Das ging schnell. Gehörte Berlin noch vor 15 Jahren zu den günstigsten Hauptstädten Europas, gehen wegen der explodierenden Mieten mittlerweile zehntausende Menschen auf die Straße. Und fordern nichts Geringeres als die Verstaatlichung der Immobilien von Großvermietern. Konkret geht es um Unternehmen, die mehr als 3000 Wohnungen besitzen. Insgesamt wären rund 200.000 Wohnungen betroffen. Derzeit läuft eine entsprechende Unterschriftensammlung, die zu einem Volksbegehren führen soll.
Abgesehen von den rechtlichen Hürden für solche Enteignungen, den wirtschaftlich schwer abschätzbaren Folgen für den Standort Berlin und der Tatsache, dass der Stadt Neubauten auf eigenem Grund deutlich günstiger kämen als der „Kauf" der Häuser von den Großvermietern, spricht vor allem eins gegen diese Idee: Zusätzlicher Wohnraum entsteht dadurch nicht. Natürlich werden von den Befürwortern auch jede Menge Argumente für eine Vergesellschaftung vorgebracht. So könnte beispielsweise der Mietanstieg gebremst werden, wenn die günstigeren städtischen Wohnungen das Mietniveau senken.
Zum Streiten eignet sich diese Frage jedenfalls vortrefflich. Unbestritten dürfte aber die Ursache dieser Debatte sein, dieses ziemlich verzweifelten Aufstands von Menschen, die Wohnen als Grundrecht betrachten und gegen große Unternehmen aufbegehren wollen: nämlich die Versäumnisse der Stadtregierung, die geförderten Wohnbau (auch für den Mittelstand) zu lange vernachlässigt und die Mietpreise praktisch komplett den Kräften des freien Marktes überlassen hat. Und das in Berlin, einer der am stärksten wachsenden Städte Europas. Daher gehört der eingangs genannte Satz eigentlich revidiert, so schnell ging es gar nicht. Es ist sogar verwunderlich, dass es überhaupt so lange gedauert hat, bis der Unmut der Menschen ein Ventil fand.