Pompeo an Venezuelas Grenze: "Herr Maduro, öffnen Sie die Brücken"

APA/AFP/JUAN BARRETO
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Der US-Außenminister richtet angesichts der dramatischen Versorgungslage einen emotionalen Appell an Venezuelas Präsidenten. Bereits ein Zehntel der Venezolaner ist ins Ausland geflohen.

Zum Abschluss seiner Lateinamerikareise hat US-Außenminister Mike Pompeo einen emotionalen Appell an den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro gerichtet. "Herr Maduro, öffnen Sie diese Brücken, öffnen Sie diese Grenzen", sagte er am Sonntag in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta, wo tonnenweise Hilfsgüter für die notleidende venezolanische Bevölkerung lagern. "Sie können das heute beenden."

Bisher weigert sich Maduro, die Lieferungen ins Land zu lassen. Pompeos Rede dürfte auch eine Anspielung auf eine berühmte Ansprache des früheren US-Präsidenten Ronald Reagan 1987 in West-Berlin sein. Reagan hatte den damaligen Kremlchef Michail Gorbatschow mit Bezug auf die Berliner Mauer aufgefordert: "Herr Gorbatschow, reißen Sie diese Mauer nieder!"

Zuvor hatte Pompeo mit venezolanischen Flüchtlingen gesprochen, die wegen der dramatischen Versorgungslage ihre Heimat verlassen musste. Derzeit leben bereits 3,4 Millionen Venezolaner im Ausland - das sind rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung des südamerikanischen Landes. Die Vereinten Nationen rechnen damit, dass die Zahl der Flüchtlinge bis Ende des Jahres auf 5,3 Millionen ansteigen wird.

Schwere Wirtschaftskrise

Pompeo erzählte von der venezolanischen Mutter Geraldine, die immer wieder die Grenze überqueren muss, um in Kolumbien das Nötigste für ihre Kinder zu beschaffen. "Sie kommt, um Windeln zu kaufen", sagt der Chefdiplomat. "Die gibt es in jedem normalen Land unter normalen Umständen, aber in Venezuela findet sie keine mehr."

Das einst reiche Land leidet unter einer schweren Wirtschaftskrise mit Hyperinflation. Wegen fehlender Devisen kann Venezuela kaum noch Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs importieren. Das Gesundheitswesen ist weitgehend zusammengebrochen. Zuletzt fiel immer wieder tagelang der Strom aus. Zudem liefern sich Staatschef Maduro und Oppositionschef Juan Guaidó seit Jänner einen erbitterten Machtkampf.

Schlägertrupps

"Kolumbien und die Vereinigten Staaten wollen eine bessere Zukunft für die Venezolaner", sagte US-Außenminister Pompeo nach einem Besuch der Warenhäuser mit den Hilfsgütern für Venezuela. Kolumbiens Präsident Iván Duque wandte sich direkt an die Nachbarn: "Wir stehen an eurer Seite, um die Diktatur zu Fall zu bringen."

Auf der anderen Seite der Grenze hielt die venezolanische Regierung dagegen: Der ranghohe Funktionär Freddy Bernal zeigte sich mit Soldaten und Mitgliedern der Colectivos - regierungsnaher Schlägertrupps - an der Internationalen Brücke Simón Bolívar. "Ein paar Meter dort drüben ist Mike Pompeo", sagte Bernal. "Er ist gekommen, um uns einzuschüchtern und um seinem Diener Iván Duque Befehle zu erteilen. Aber wir stehen hier, in zivil-militärischer Einheit, mit den Colectivos."

Warnung an Russland und Kuba

Pompeo war in den vergangenen Tagen durch die Region gereist, um angesichts des immer noch unentschiedenen Machtkampfs in Venezuela mit den Verbündeten in der Region das weitere Vorgehen zu besprechen. Am Montag will sich die sogenannte Lima-Gruppe aus einer Reihe lateinamerikanischer Staaten treffen, um weitere Schritte gegen Maduro zu vereinbaren. Washington gehört zu den engsten Verbündeten der Opposition um den selbsternannten Interimspräsidenten Guaidó.

Gleichzeitig hat Pompeo Russland und Kuba davor gewarnt, Venezuelas Präsidenten Nicolas Maduro im Machtkampf mit Oppositionsführer Juan Guaido zu unterstützen. Die USA würden alle wirtschaftlichen und politischen Mittel einsetzen, um Maduro verantwortlich für die Krise seines Landes zu machen, sagte er am Sonntag. "Die Kubaner müssen verstehen, dass ein Preis mit der fortgesetzten Hilfe für Nicolas Maduro verbunden ist", sagte Pompeo. "Und wir werden dasselbe Gespräch mit den Russen führen." Maduro wird von Russland, Kuba und China unterstützt.

(Apa/Reuters/red.)

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