Eine Serie zitiert sich selbst, und Jon Snow muss sich entscheiden

Arya Stark (Maisie Williams) beobachtet die Ankunft von Jon Snow.
Arya Stark (Maisie Williams) beobachtet die Ankunft von Jon Snow.(c) HBO
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„Game of Thrones“. Zum Auftakt der achten und letzten Staffel kehrt die Serie samt ihren Hauptfiguren dorthin zurück, wo alles begann: nach Winterfell. Auch visuell nimmt die Episode Anleihen an der allerersten Folge, „Winter Is Coming“. Eine Betrachtung – mit dem einen oder anderen Spoiler.

Zu einer gelungenen Geschichte gehört ein würdiges Ende. Das kann man auf das Leben ummünzen – und natürlich auf eine Fernsehserie. Die epische Fantasy-Mittelalterserie „Game of Thrones“ startete in der Nacht auf Montag mit der achten Staffel ihren letzten Akt – und der beginnt vielversprechend. „Winterfell“ heißt die erste Episode, und sie kehrt dorthin zurück, wo alles begann: Immer mehr Hauptfiguren finden sich in der namensgebenden Burg im Norden ein. Erzählerisch und auch visuell nimmt die Episode Anleihen an der allererste Folge, „Winter Is Coming“. Da wie dort kommen ein König und eine Königin nach Winterfell, da wie dort wird ihre Anreise durch die Augen eines Buben gezeigt, der auf Dächer und Bäume klettert, um auch ja nichts zu verpassen.

Über allem schwebt eine blaue Sonne

Zuvor kehrt die Serie aber noch die Vorzeichen um: Sieben Staffeln lang war im Vorspann die Kamera über die Landkarte des fiktiven Kontinents Westeros (und manchmal Essos) vom Süden nach Norden geschwebt: über die Hauptstadt King's Landing nach Winterfell bis zur gigantischen Mauer aus Eis und Schnee, die die Monster aus dem Land des ewigen Eises von der Welt der Menschen fernhalten sollte. Ebendiese Wand wurde im Finale der siebten Staffel durchbrochen – hier beginnt der neue Vorspann. Die Kamera fährt vom Norden her durch die Lücke in der Mauer, zieht eine eisige Spur vorbei an der Burg Last Hearth, weiter Richtung Süden, taucht in Winterfell in die Krypta hinab, wo die Mitglieder der Familie Stark begraben sind, und gleitet auch in King's Landing in die Tiefen der Königsburg, dorthin, wo die Gebeine der Drachen lagern. Über all dem schwebt eine blaue Sonne, die den Augen der Weißen Wanderer gleicht: diesen mystischen Figuren, die Zombies erschaffen und die Menschheit auslöschen könnten und die es nun, am Ende der Geschichte, zu besiegen gilt.

Gegen diesen mächtigen Gegner müssen die Menschen sich verbünden. In der siebten Staffel gingen die beiden stärksten Parteien eine Partnerschaft ein: Jon Snow, Herrscher im Norden, und Königin Daenerys Targaryen, die inzwischen nur mehr zwei Drachen hat, stehen nun auf derselben Seite und sind einander auch sonst zugetan. Nur Königin Cersei in King's Landing kämpft ausschließlich für ihren eigenen Machterhalt.

Wo nun Einigkeit herrscht, muss Dissens hergestellt werden, um die Serie spannend zu halten. So zeigt die aktuelle Folge Jon und Daenerys erst in trauter Harmonie (Jon darf sogar einen Drachen reiten), um dann das große Geheimnis der Serie (um das der Zuschauer spätestens seit dem Ende von Staffel sieben weiß) zu lüften: Er ist der rechtmäßige Erbe des Throns, den Daenerys für sich beansprucht. Jons Ziehschwester Sansa stellt dazu noch seine Loyalität infrage, und schon ist ein innerer Konflikt in unserem Helden entfacht: Liebe? Familie? Oder Macht? Wäre er selbst nicht doch ein besserer König als die „Drachenmutter“, die ihre Feinde verbrennen lässt? Am Ende führt die Folge wieder zurück zur Bedrohung, auch hier zitiert die Serie sich selbst: Damals lag im Wald ein Toter inmitten präzise arrangierter Gliedmaßen, am Beginn von Staffel acht ist es ein Kind, das an eine Burgwand geschlagen wurde.

Was wollen die Weißen Wanderer?

Als Teil eines Rituals? Hier liegt der Schlüssel zum Ende der Serie: Was wollen die Weißen Wanderer? Die Menschen auslöschen? Etwas anderes? Darüber gibt es reichlich Spekulationen. Schon bei „Harry Potter“ war es beliebter Zeitvertreib, sich zwischen dem Erscheinen der Bücher darüber Gedanken zu machen, wie das Finale aussehen könnte. „Fan-Theorien“ füllten Blogs und Foren. Richtig getippt hat kaum jemand. Joanne K. Rowling hat ihr Ende gut versteckt, für manche zu gut. Auch George R.R. Martin, der die Vorlage zu „Game of Thrones“ schrieb, ist schwer berechenbar, denn er arbeitet gern mit dem Deus ex Machina – plötzlichen, unmotiviert wirkenden Ereignissen. Man muss mit seinen Spekulationen nicht richtig liegen, solang das Ende gut, nämlich gelungen ist. Ein Happy End erwartet von „Game of Thrones“ ohnehin niemand.

„Game of Thrones“: neue Folgen jeden Montag auf Sky.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2019)

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