Das Bauwerk mit der beeindruckenden Fassade, den markanten Strebebögen und Türmen erzählte viele Geschichten: von einer Bluthochzeit, von Napoleons Krönung oder der Französischen Revolution - und regte stets die Fantasie an.
Auf der Seine-Insel Île de la Cité im Herzen von Paris gelegen, ist die Kathedrale Notre-Dame eines der Wahrzeichen der französischen Hauptstadt - und ein Touristenmagnet: 13 Millionen Besucher jährlich schlendern durch das gigantische Kirchenschiff. Die Geschichte der Kathedrale reicht bis ins Jahr 1163 zurück, als der Bau unter Bischof Maurice de Sully begann. Fast 200 Jahre vergingen bis zu seiner Fertigstellung. Nun droht sie durch einen Brand vollständig zerstört zu werden.
Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der Jungfrau Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Türmen sind gewaltig: 127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch. Die beiden Türme sind 69 Meter hoch, der Dachreiter - jener kleinere Turm in der Mitte der Kathedrale, der zuerst eingestürzt ist, war 96 Meter hoch.
Im Jahre 1163 erreichte Bischof de Sully, daß die auf römischen Tempelruinen auf der Seine-Insel erbaute "Notre-Dame de la Cité"-Kirche durch eine modernere "Unserer lieben Frau" geweihte Kathedrale ersetzt wurde. Unter Ludwig VII. legte Papst Alexander III. den Grundstein des Gotteshauses, das in der Folge im Mittelpunkt markanter Ereignisse stand. Hier wurde 1572 die "Pariser Bluthochzeit" geschlossen: die Ehe des Hugenottenführers Heinrich von Navarra (später Heinrich IV.) mit der katholischen Magarete von Valois gab den Anlaß zur mörderischen Bartholomäus-Nacht.
Weinlager während der Französischen Revolution
Die Französische Revolution machte die Kathedrale nach Verwüstungen und Plünderungen zum "Tempel der Vernunft" - und später zum Weinlager. Die enthaupteten steinernen Könige über den Hauptportalen ließ erst Viollet-le-Duc restaurieren. 1804 setzte sich Napoleon I. in der Kathedrale selbst die Kaiserkrone auf und ließ sich erst danach vom Papst weihen. In unserem Jahrhundert erklang nach der Befreiung von Paris im Zweiten Weltkrieg in Notre-Dame das feierliche "Te Deum".
Es zählt seit 1979 zum Weltkulturerbe der Unesco und ist Attraktion für Millionen Touristen aus aller Welt. Mit seinem 1831 erschienenen historischen Roman "Der Glöckner von Notre-Dame" verewigte Victor Hugo die Kathedrale in der Literatur. Darin findet sich auch eine Art Alarmruf zum Zustand der Kirche - ein paar Jahre später wurden dann tatsächlich umfangreiche Arbeiten begonnen.
Unter der Leitung des Architekten Viollet-le-Duc kamen damals auch die 56 Chimären, die berühmten Wasserspeier auf die Turmgalerie. Die Galerie der Fabelwesen konnte man beim Aufstieg auf den rechten Turm bewundern. Es blieb bis heute die letzte umfassende Instandsetzung. In den 1990er Jahren wurde allerdings die Frontseite gereinigt.
Die Renovierung der Fassade hatte zuletzt ein bisschen die Misere des Rests der Kathedrale versteckt. An vielen Stellen bröckelte zuletzt die Bausubstanz - und das vom Staat bereitgestellte Unterhaltsbudget reichte nicht für eine umfassende Sanierung. Deshalb hoffte die Kirche auf private Wohltäter. Eine Spendenkampagne sollte den stolzen Betrag von 100 Millionen Euro auftreiben. Renovierungsarbeiten im Dachstuhl könnten nun den verheerenden Brand ausgelöst haben.
(APA/dpa/Red.)