Goldman-Chef unter Beschuss: "Sie verkauften Scheiße"

Goldman Sachs-Chef Lloyd Blankfein
Goldman Sachs-Chef Lloyd Blankfein(c) REUTERS (Jim Young)
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"Die Kunden haben verloren, Goldman hat gewonnen", wirft ihm Senator Carl Levin, Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses, vor. "Wir haben nicht gegen unser Kunden gewettet", wehrt sich Bankchef Blankfein.

Die US-Investmentbank Goldman Sachs steht für ihr Verhalten in der Finanzkrise am Pranger. Senatoren nahmen am Dienstag mehr als zehn Stunden lang den Führungszirkel des Wall-Street-Hauses in die Mangel. Als Letzter musste sich Bankchef Lloyd Blankfein vor dem Ausschuss verantworten, der Licht ins Dunkel der Finanzkrise bringen soll.

"Kunden haben verloren, Goldman hat gewonnen"

"Die Kunden haben verloren, Goldman hat gewonnen", polterte der Ausschussvorsitzende Carl Levin. "Vieles, was sie ihren Kunden verkauft haben, nannten sie selbst Scheiße." Er bezog sich dabei auf interne E-Mails von Goldman-Bankern. Die US-Börsenaufsicht SEC wirft dem Institut sogar Betrug von Anlegern vor. Sie reichte vor zwei Wochen Klage ein.

Bankchef Blankfein widersprach vehement und betonte: "Das Vertrauen unserer Kunden ist nicht nur wichtig für uns, es ist essenziell für uns." Er wies den Vorwurf zurück, Goldman Sachs habe sich auf Kosten von Anlegern bereichert. "Wir haben sicherlich nicht gegen unsere Kunden gewettet." Die Bank habe genauso Geld am Immobilienmarkt verloren wie alle anderen.

"Goldman hat unmoralisch gehandelt"

Er widersprach damit dem Ausschussvorsitzenden Levin, der es als erwiesen ansieht, dass Goldman Sachs 2007 auf fallende Häusermärkte setzte, während die Bank ihren Kunden weiterhin Hypothekenpapiere verkaufte. Senator John McCain aus Arizona schlug in die gleiche Kerbe: "Es ist keine Frage, Goldman Sachs hat unmoralisch gehandelt." Beim Platzen der Immobilienblase wurden die Anlagen über Nacht praktisch wertlos.

Einer der Geschädigten soll die deutsche Mittelstandsbank IKB gewesen sein, die ein großes Rad am US-Häusermarkt gedreht hatte und vom Steuerzahler mit fast zehn Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch gerettet werden musste. Goldman Sachs hatte ihr ein Sammelsurium (CDO) von Hypothekenkrediten verkauft - und ihr nach Ansicht der SEC verschwiegen, dass ein Hedgefonds die Auswahl der enthaltenen Papiere getroffen und anschließend auf ein Scheitern gewettet hatte.

"Ich verstehe, wie es aussehen muss"

"Die Transaktion war nicht derart gestaltet, dass sie scheitern musste", widersprach Fabrice Tourre. Er hatte das komplexe Geschäft eingefädelt und sich in internen E-Mails seiner eigenen Genialität gerühmt. Die IKB sei einer der weltweit erfahrensten Spieler auf dem Hypothekenmarkt gewesen, konterte er. Die SEC hat Tourre als einzigen Goldman-Banker persönlich verklagt.

Blankfein warb um Verständnis: "Ich verstehe, wie eine solche komplizierte Transaktion für manche Menschen aussehen muss. Sie fühlen sich bestätigt in ihrer Annahme, dass die Wall Street außer Kontrolle geraten ist." Er versuchte mehrfach, das Handeln von Investmentbanken zu erläutern. Dabei prallte er mit dem Ausschussvorsitzenden Levin zusammen, der die Geschäfte als sittenwidrig brandmarkte.

Betrugsvorwurf gegen Goldman Sachs

Die Krise hatte die Investmentbanken in Verruf gebracht. Es bildete sich der Stereotyp des gierigen Bankers heraus, der um seiner eigenen fetten Boni willen mit windigen Geschäften die gesamte Wirtschaft in den Abgrund reißt. "Es gibt viele Feindseligkeiten da draußen", stellte Senator McCain fest. Goldman gehe es sehr gut, während die Wirtschaft am Boden liege und Regionalbanken reihenweise umkippen würden.

Der Betrugsvorwurf der SEC belastet die gesamte Bankenlandschaft. Die Börsianer befürchten teure Schadenersatzklagen und eine härtere Regulierung für alle Institut. Bei Goldman Sachs sind bereits die ersten Klagen eingegangen.

Banker: Politisch motiviertes Verfahren

Goldman Sachs gehört zu den absoluten Spitzenverdienern der Branche und zu einem der renommiertesten Häusern der Wall Street. Selbst in der Krise schrieb die Bank nach einem kurzen Einbruch schnell wieder Milliardengewinne. Das machte sie zum bevorzugten Ziel von Branchenkritikern. Viele Banker sprechen von einem politisch motivierten Verfahren.

US-Präsident Barack Obama versucht derzeit, seine Finanzmarkt-Reform voranzutreiben, mit der er die Banken zügeln und die Verbraucher schützen will. Die Branche und die oppositionellen Republikaner stehen dem Vorhaben aber kritisch gegenüber, weil sie zu starke staatliche Eingriffe befürchten. Am Dienstag musste Obama einen erneuten Rückschlag im Senat hinnehmen.

(Ag.)

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