Böhmermann scheitert mit Klage gegen Merkel

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Weil die deutsche Kanzlerin sein Schmähgedicht gegen Erdoğan „bewusst verletzend“ genannt hatte, war der Satiriker Jan Böhmermann vor Gericht gezogen. Seine Unterlassungsklage wurde nun aber abgewiesen.

Jan Böhmermann ist mit seiner Klage gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel gescheitert: Der Moderator wollte mit einer Unterlassungsklage gegen das deutsche Kanzleramt verbieten lassen, dass Merkel ihre Aussage, wonach Böhmermanns „Schmähkritik“ gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan „bewusst verletzend“ sei, wiederholt. Dass sie das nicht tun würde, hatte Merkel ihm bereits vor dem Termin beim Berliner Verwaltungsgericht am Dienstag zugesichert.

Ebendeshalb wurde die Klage nun auch abgewiesen: Sie sei unzulässig, weil eine Wiederholung der beanstandeten Erklärung nicht zu erwarten sei, entschied das Gericht.

Wir erinnern uns: Im März 2016 hat Jan Böhmermann in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ ein Gedicht namens „Schmähkritik“ gegen Erdogan vorgetragen, in dem er ihn derb beleidigte. Zuvor hatte die NDR-Satiresendung „Extra 3“ mit einem satirischen Lied über Erdogans Politik („Erdowie, Erdowo, Erdoğan“) eine kleine diplomatische Krise ausgelöst, ein verärgerter Erdoğan hatte den deutschen Botschafter einbestellt. Böhmermann gab daraufhin an, mit seinem Gedicht den Unterschied zwischen erlaubter Satire und Schmähkritik demonstrieren zu wollen.

Merkel nannte Kritik „einen Fehler"

Die türkische Regierung verlangte daraufhin rechtliche Schritte gegen Böhmermann. Ermittlungen wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts wurden bald eingestellt, der entsprechende Paragraph wurde später abgeschafft. In einem Zivilverfahren wurde ihm aber – nicht rechtskräftig – untersagt, bestimmte "ehrverletzende" Verse des Gedichts zu wiederholen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die mit Ankara gerade über einen Flüchtlingspakt verhandelte, als Böhmermanns Gedicht erschien, nannte es in einem Telefonat mit dem damaligen türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu „bewusst verletzend“, wie ihr Regierungssprecher wiedergab. Allerdings habe Merkel, wie sich später herausstellte, nur eine verkürzte Version auf „bild.de“ gelesen. Ihre Aussage nannte sie nach wenigen Tagen einen Fehler: Sie habe den Eindruck entstehen lassen, dass Merkels „persönliche Bewertung“ eine Rolle spiele. Wiederholt hat Merkel die Aussage nicht mehr.

Eine „nicht hinzunehmende staatliche Vorverurteilung"?

Das allein hat Böhmermann offenbar nicht gereicht. Merkels Äußerungen seien eine „nicht hinzunehmende staatliche Vorverurteilung“ gewesen, sagte sein Anwalt. Merkel haben ihn „einem nervenkranken Despoten zum Tee serviert“, sagte Böhmermann selbst einmal in der „Zeit“.

Das Verwaltungsgericht erkannte nun aber an, dass Merkel „sich bereits im April 2016 von ihrer Äußerung distanziert“ habe. Zudem habe das Kanzleramt im Gerichtsverfahren eine Wiederholung ausgeschlossen. Die öffentliche Erklärung sei auch nicht rechtswidrig gewesen. Die Kanzlerin könne sich auf ihre Kompetenz zur Staatsleitung stützten. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an staatliche Kommunikation seien gewahrt, das Sachlichkeitsgebot sei nicht verletzt, die Äußerung ein vertretbares Werturteil.

(kanu)

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