Der Militärrat will es ziviler Regierung überlassen, ob der Ex-Diktator an Den Haag ausgeliefert wird.
Khartoum. Kurz nach dem erzwungenen Abgang des sudanesischen Langzeit-Diktators Omar al-Bashir kam von der Armeeführung in Khartoum noch ein klares Nein. Der sudanesische Militärführer Awad Ibn Auf, ein alter Weggefährte des gestürzten Herrschers, hatte es ausgeschlossen, Bashir an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag auszuliefern. Doch die neue Militärführung unter General Abdel Fattah al-Burhan scheint in dieser Hinsicht kompromissbereiter zu sein. Das jedenfalls legen Aussagen von Mitgliedern des Militärrats nahe.
So erklärte General Jalal al-Din al-Sheikh bei einem Besuch in Äthiopien, die Entscheidung über eine Auslieferung müsse zu einem späteren Zeitpunkt von einer „vom Volk gewählten Regierung“ getroffen werden. Das Militär hat versprochen, zwei Jahre an der Macht zu bleiben und diese dann an eine zivile Regierung zu übergeben.
Bashir ist seit 2009 vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und wird per Haftbefehl gesucht. Die Anklage, die sich auf Ereignisse im Zusammenhang mit dem Darfur-Konflikt bezieht, wurde später noch auf den Straftatbestand des Völkermords ausgeweitet. In Darfur gingen Regierungstruppen und Milizen von 2003 an brutal gegen Volksgruppen in der westlichen Provinz vor. Schätzungen gehen davon aus, dass dabei rund 300.000 Menschen ums Leben kamen.
Weitere Massenproteste
Im Sudan gingen die Massenproteste, die zum Sturz Bashirs beigetragen hatten, unterdessen auch am Dienstag weiter. Tausende demonstrierten vor der Zentrale der Streitkräfte in der Hauptstadt Khartoum den elften Tag in Folge mit einer Sitzblockade für einen demokratischen Neuanfang. Sie verlangen einen sofortigen Wechsel zu einer zivilen Übergangsregierung.(ag./red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2019)