Europa verbrennt in Paris – oder ertrinkt es im Mittelmeer?

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FRANCE-FIRE-NOTRE DAMEAPA/AFP/EDOUARD MAGRINO
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Misstöne rund um Notre-Dame: In Italien fragt man sich, ob Kunstwerke wichtiger sind als Menschenleben. Eine nur scheinbar schräge Debatte.

Paris ist eine Messe wert, wusste schon Heinrich IV. Die Reaktionen auf den Brand von Notre-Dame waren: ein betroffenes Miserere, ein Credo an die Werte des Abendlandes, ein Sanctus auf das wenige, was uns noch allen heilig ist, und ein Gloria auf Feuerwehrleute und Spender. Und endlich ein verhaltenes Hosianna, weil die angesengte Kathedrale immerhin noch steht. Harmonie und Wohlklang erscholl aus den medialen Trompeten des Planeten. Doch halt: Es gab auch Misstöne.

Vor allem in Italien. Die Schriftstellerin Michela Murgia zeigte sich genervt vom Pathos der „Apokalyptiker des Dachstuhls“, die in dem Unfall einen „symbolischen Schlag ins Herz Europas“ sehen. In Paris gab es keinen einzigen Toten.

Im Mittelmeer hingegen, trotz stark sinkender Flüchtlingszahlen, im ersten Quartal schon 274, „wegen fehlender humanitärer Korridore und der Kriminalisierung ziviler Rettungsschiffe“. Das rühre niemanden. Vielleicht werde Europa aber eher dort ins Herz getroffen als in Paris. Einsatz für Roberto Saviano, Erfolgsautor, Anti-Mafia-Kämpfer und Spezialist für Dissonanzen mit der Regierung in Rom: Seine Kollegin habe völlig recht. „Europa ist nicht mit Notre-Dame verbrannt“, sondern „im Mittelmeer ertrunken“.

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