Wenn ein Dach brennt, stürzt nicht gleich die Kirche ein

Die Schäden, die der Brand an der Kathedrale von Notre-Dame anrichtete, sind erheblich. Aber das Hauptproblem der Kirche sind nicht einstürzende Altbauten.

Das christliche Europa geht nicht unter, weil ein Dachstuhl aus dem 13. Jahrhundert in Flammen aufgeht und ein im 19. Jahrhundert aufgesetzter Dachreiter einstürzt. Die Schäden an der Kathedrale von Notre-Dame können repariert werden, wie das im Ersten Weltkrieg zerbombte Dach der Kathedrale von Reims wiederhergestellt wurde. Gotische Kathedralen waren von Anfang an Dauerbaustellen, sie werden ständig restauriert, und die Dombauhütten verrichten ihre Arbeit nach den Regeln ihrer Kunst. Altes Holz gerät rasch in Brand. Bevor die Untersuchungen abgeschlossen sind, sollte man weder über Brandlegung spekulieren noch die Schuld den Arbeitern geben.

Der Schmerz der Franzosen, seien sie Katholiken, Agnostiker oder Atheisten, ist nicht nur deshalb so groß, weil wertvolles Kulturgut beschädigt wurde, sondern weil der Brand an einem in mehrfacher Hinsicht herausragenden Monument ausbrach. Der französische Katholizismus behauptete für die Nation lange Zeit ein ganz besonders inniges Verhältnis zur göttlichen Vorsehung. Daraus leitete er ab, dass Frankreich zur Vorherrschaft in Europa geradezu prädestiniert sei.

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