Spargel, Schnee und letzte Schwünge

Wenn auf der Karte Spargel steht, ist es vorbei mit dem Skifahren, auch wenn der Schnee noch meterhoch liegt.
Wenn auf der Karte Spargel steht, ist es vorbei mit dem Skifahren, auch wenn der Schnee noch meterhoch liegt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Von der unheimlichen Ruhe der Nachsaison.

Nachsaison ist ein bisschen wie Ausverkauf. Endlich gibt es viele schöne Sachen günstiger, aber so richtig will sie niemand mehr. In die Freude mischt sich schon der Abschied. Der Wirt auf der Skihütte bringt einen Schnaps, bevor der Gast zu trübsinnig wird. Wenn auf der Karte Spargel steht, ist es vorbei mit dem Skifahren, auch wenn der Schnee noch meterhoch liegt.

Die Sonnenplätze an der Wand, um die man sich sonst rangelt, sind alle frei. Aus den Lautsprechern dudelt leise Musik, irgendetwas. Es ist egal, weil niemand mitsingen wird. Die leeren Bänke tragen die Kerben der Skischuhe wie Narben aus einem Kampf. In der Garderobe liegen Handschuhe und Hauben, vergessen, verloren. Der Wirt setzt sich zu den wenigen Gästen und erzählt von der Saison. Ihm ist die Erleichterung anzusehen, dass sie zu Ende geht. Zufrieden wirkt er trotzdem nicht.

In der Nähe des Gipfelkreuzes findet ein Shooting für die Skimode der nächsten Saison statt. Ein männliches Model starrt ausdruckslos in die Kamera, mehrere Menschen wuseln herum. Für sie wird es in der Hütte, die von leeren Champagnerflaschen gesäumt ist, später ein Glas aufs Haus geben. In der Fotostrecke im Magazin wird der Name der Hütte vermerkt sein. Es kostet nicht nur viel Energie, immer präsent zu bleiben.
Im Tal haben viele Lokale bereits geschlossen. Die Saisonkräfte sitzen zusammen und feiern Abschied. Die einen ziehen weiter nach Kärnten und Italien, andere zurück in ihre Heimat. Nicht alle kommen wieder. Die Bergvagabunden, junge Ski- und Snowboardverrückte aus aller Welt, die sich ihre Leidenschaft durch nächtliches Kellnern finanzieren, haben monatelang kaum geschlafen.

Nur kurz gehört der Ort den Einheimischen, dann kommen die Kletterer und Wanderer. Die Ruhe ist angenehm. Sie darf nur nicht zu lang dauern.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2019)

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