Volkswagenchef Herbert Diess hat sich zuletzt nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Nach einem „Ebit macht frei"-Sager folgte nun die nächste Aussage, die für Aufregung sorgt.
In einer chinesischen Provinz sollen bis zu 1,5 Millionen muslimischer Uiguren in Umerziehungslagern inhaftiert sein. Menschenrechtsorganisationen beklagen seit Monaten Folter, Inhaftierung und andere Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang. Es ist dieselbe Provinz, in der ein Werk des deutschen Autobauers VW steht. Daher wurde Volkswagen-Chef Herbert Diess diese Woche in einem „BBC"-Interview in Shanghai gefragt, was er zu der Uiguren-Problematik zu sagen hat. Seine Antwort fiel kurz aus: "Das kann ich nicht beurteilen, sorry". Der Reporter hakte noch einmal nach. "Sie wissen nichts von Chinas Umerziehungslagern für mindestens eine Million Menschen im Westen des Landes, die als Bildungszentren im Rahmen von Anti-Terror-Maßnahmen dargestellt werden? Davon wissen Sie nichts?". Diess' Antwort: "Nein, davon weiß ich nichts."
Die Stellungnahme des Weltkongresses der Uiguren ließ nicht lange auf sich warten. Sprecher Peter Irwin sagte im Interview mit Reuters, die Uiguren seien “ziemlich geschockt und enttäuscht von den Kommentaren”, VW sei sehr aktiv in China und sollte wissen, in welcher Umgebung es arbeite: “Volkswagen hat eine Verantwortung, dies zu wissen und darauf zu antworten.”
VW: „Uns ist die Lage bewusst"
Das Unternehmen versuchte sich daraufhin in Schadensbegrenzung: “Volkswagen ist sich der Lage in der Region bewusst”, sagte ein Sprecher am Donnerstag. VW seien die Missstände nicht nur bewusst, der Konzern würde auch zur Entspannung der Lage beitragen: „Gerade mit Arbeitsplätzen für alle Volksgruppen“ werde das soziale Umfeld maßgeblich verbessert, so der Sprecher. In dem Werk arbeiten laut VW-Angaben rund 700 Menschen. Der Anteilen der Minderheiten betrage 25 Prozent: „Das entspricht dem Anteil der Minderheiten in der Stadt Urumqi".
Diess hat sich übrigens erst vor kurzem für einen anderen Fauxpas entschuldigen müssen. "Ebit macht frei", hatte er bei einer Besprechung mit Führungskärften des Autobauers erklärt. Er bedaure die "sehr unglückliche Wortwahl“ sehr, so Diess im Anschluss. An den NS-Spruch "Arbeit macht frei" habe er dabei nicht gedacht.
US-Firmen kappten Verbindungen nach Xinjiang
Auch US-Firmen gerieten wegen ihrer Aktivitäten in der westchinesischen Provinz bereits in die Kritik: Medizin-Technologie-Firma Thermo Fisher Scientific stoppte den Verkauf von Instrumenten zur Gensequenzierung, die verwendet wurden, um die DNA von Uiguren zu bestimmen, nach China. Und die US-Bekleidungsfirma Badger Sportswear kündigte die Zusammenarbeit mit einem chinesischen Hersteller, der auf Zwangsarbeit von Uiguren gesetzt haben könnte.
Zweifelhaft gilt auch die Rolle großer chinesischer Technologiekonzerne wie Huawei oder Alibaba in der Region. Xinjiang ist der größte Markt für Überwachungs- und Sicherheitstechnik in China. Technologie, die sich in der Wüstenprovinz für die Überwachung der muslimischen Minderheit bewährt, wird später in anderen Regionen der Volksrepublik eingesetzt.
(Red./Reuters)