Reinhold Mitterlehner hat mit seiner Kritik an Sebastian Kurz einen Nerv getroffen. Auch in der Volkspartei. Vor allem viele Christlich-Soziale stört, dass der Kanzler die FPÖ gewähren lässt.
Wien. Für das Geschäft war die Aufregung jedenfalls gut: Schon nach dem ersten Verkaufstag von „Haltung“, dem neuen Buch von Reinhold Mitterlehner, war die erste Auflage vergriffen. Die 10.000 Exemplare seien so gut wie ausverkauft, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ am Freitag.
Das eine oder andere davon wird wohl auch in der ÖVP-Zentrale aufliegen – obwohl die Parteispitze keine rechte Freude mit dem Inhalt hat. Immerhin nennt Mitterlehner seinen Nachfolger, Sebastian Kurz, einen Rechtspopulisten und spricht von einer „besorgniserregenden Entwicklung der Gesellschaft“. Denn die türkis-blaue Regierung grenze eine bestimmte Gruppe, nämlich Asylwerber, ganz bewusst aus.
Die öffentliche Debatte, die das Buch ausgelöst hat, zeigt, dass der ehemalige Vizekanzler einen Nerv getroffen hat. Auch in der ÖVP. Bisher haben die Kanzlerschaft von Sebastian Kurz und das anhaltende Hoch in den Umfragen alles überdeckt. Was nicht heißt, dass es intern keine Bedenken gegen die Regierungspolitik gibt.
Vor allem der Umstand, dass Kurz die Freiheitlichen – allen voran Innenminister Herbert Kickl – in Fragen der Migrationspolitik gewähren lässt, bereitet nicht wenigen Christlich-Sozialen in der ÖVP Sorgen. Auch Kardinal Christoph Schönborn sprach zuletzt aus, was sich viele denken: Es gebe Signale aus der Regierung, die nicht notwendig seien. Das Türschild „Ausreisezentrum“ in der Erstaufnahmestelle Traiskirchen etwa sei „einfach unmenschlich“.