Rumänien: Kein Geld für Lehrer und Straßenbau

(c) AP (Mugur Varzariu)
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Um IWF-Kriterien zu erfüllen, spart die Regierung kreativ – indem sie nicht zahlt. Die ursprünglichen Ziele der Bildungsreform stehen auf der Kippe, das Geld für Investitionen fehlt.

Bukarest (n-ost). In ihren allgemeinen Empfehlungen für Osteuropa betonen die Ökonomen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank, dass die öffentliche Hand zwar sparen sollte – aber nicht bei der Bildung und der Infrastruktur. Im praktischen Krisenfall, wenn ein Notkredit auf dem Spiel steht, vergessen die Verhandler auf beiden Seiten aber oft auf diesen Vorsatz. Das zeigt das aktuelle Beispiel Rumänien.

Zehn Tage lang sind die IWF-Vertreter in Bukarest zu Besuch, um mit der Regierung die Durchsetzung ihres Krisenplans zu besprechen. Im Juni wird über eine weitere Tranche des 20-Milliarden-Euro-Kredits entschieden. Seit März 2009 bringt jeder Besuch der Delegation aus Washington neue Kürzungen mit sich. Im Fernsehen kündigt Premier Emil Boc die Sparmaßnahmen an, seine Mitte-rechts-Partei PDL peitscht die Gesetzentwürfe im Parlament durch.

Im Finanzministerium ist man zufrieden: Rumänien hat im März das Haushaltsdefizit planmäßig gesenkt. Doch die erzielte Reduzierung von 7,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2009 auf 5,9 Prozent im Jahr 2010 bedeutet nicht nur einen Stellen- und Lohnabbau im öffentlichen Sektor, sondern auch den Verzicht auf Infrastrukturprojekte.

Kein einziger Kilometer der neuen Autobahn wird heuer eröffnet, kündigte Verkehrsminister Radu Berceanu an. Dabei ist der Bedarf enorm: Auf einer Fläche, die dreimal größer als Österreich ist, stehen nur 321 Kilometer Autobahn zur Verfügung. Auch im Bildungssektor ist die Lage kritisch. Auf den 2009 beschlossenen Abbau von 15.000 Lehrerstellen folgen weitere Gehaltskürzungen und eine Lockerung der Arbeitsplatzgarantien.

Vergangene Woche, am Tag der ersten Maturaprüfung, wurde fast überall gestreikt. Die ursprünglichen Ziele der Bildungsreform stehen auf der Kippe, das Geld für Investitionen fehlt. Die Lehrer wollen zum Boykott aller Abschlussprüfungen im Juni aufrufen. Sie warten noch immer auf 1000 Euro aus Gehaltsabrechnungen, die das Bildungsministerium jedem Lehrer 2009 hätte bezahlen müssen. Ein Gericht hatte die Legitimität der Forderung bestätigt, worauf die Regierung eine Gesetzesänderung beschloss: Die Summen werden über drei Jahre verteilt.

„Erste“-Geld verschwunden

Auch Firmen, die am Autobahnbau beteiligt waren, schuldet der Staat Geld. Mehr als 400 Mio. Euro sollen diese Fälligkeiten betragen. Etliche für Investitionen geplante Summen, wie fast drei Mrd. Euro aus dem Verkauf des größten Kreditinstituts des Landes an die österreichische Erste Bank, sind verschwunden. Der rumänische Rechnungshof kündigte im März an, es sei diesmal keine Korruptionsaffäre gewesen. Das Geld stopfte einen Teil des Haushaltslochs.

Auf einen Blick

Rumänien muss sein Defizit von 7,2 Prozent auf 5,9 Prozent senken. Im öffentlichen Dienst werden Stellen eingespart und Löhne gekürzt, geplante Straßenprojekte werden verschoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2010)

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